Kurz notiert
Landgericht München I
Nicht jede einwilligungslose Bildveröffentlichung führt zur Geldentschädigung - Keine Entschädigung für Heike Makatsch und Tochter
LG München I, Urteile vom 07.05.2008 - Az. Az. 9 O 22942/07 und 9 O 23075/07; nrk
MIR 2008, Dok. 143, Rz. 1
1
Nach zwei heute verkündeten Urteilen der 9. Zivilkammer des Landgerichts München I erhält weder die Schauspielerin Heike Makatsch, noch ihr Kind eine Entschädigung für Veröffentlichungen von Paparazzi-Fotos
in Zeitschriften des Heinrich Bauer Verlages.
Zur Sache
Heike Makatsch hatte selbst und für ihre kleine Tochter vom Heinrich Bauer Verlag eine Geldentschädigung von insgesamt EUR 35.000,00 verlangt, weil dieser im März 2007 Fotos veröffentlicht hatte, auf denen die Schauspielerin mit ihrem wenige Wochen alten Baby bei einem Spaziergang durch Berlin zu sehen ist.
Im Mittelpunkt des Rechtstreits stand die Frage, ob die Fotoveröffentlichungen als schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung zu bewerten sind. Nur in diesem Fall gibt es nach der Rechtsprechung eine Geldentschädigung, wobei gerade bei Bildnisveröffentlichungen mit der Begründung geringe Anforderungen gestellt werden, dass keine anderen Abwehrmöglichkeiten als der Anspruch auf eine Geldentschädigung zur Verfügung stehen.
Entscheidung des Gerichts: Nicht jede einwilligungslose Bildnisveröffentlichung ist mit einer Geltentschädigung zur sanktionieren
Das Landgericht wies trotz der besagten "geringen Anforderungen" beide Klagen ab. Durch die Fotos werde – so das Urteil der Richter – weder der Kernbereich der Persönlichkeitsrechte von Mutter und Kind (etwa ihr Intimbereich) berührt, noch würden die beiden in einen negativen Kontext gerückt. Die Aufnahmesituation greife auch nicht in einen erkennbar privaten oder gar nach außen hin abgegrenzten Bereich wie Wohnung oder Garten ein. Vielmehr erschöpften sich die Aufnahmen darin, Mutter und Kind auf einem Spaziergang in ihrem Wohnort zu zeigen. Allein darin sah die Kammer keine besondere Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung.
Kein genereller Entschädigungsanspruch - Geldentschädigung wegen einwilligungsloser Bildnisveröffentlichung kommt nur bei einer besonderen Schwere der Persönlichkeitsverletzung in Betracht.
Weiter führt die 9. Zivilkammer aus:
"Würde man anders entscheiden, so würde letztlich jede einwilligungslose Bildnisveröffentlichung mit einer Geldentschädigung sanktioniert. Dies war und ist vom Gesetzgeber so nicht gewollt. Auch die Rechtsprechung, die die vom Gesetzgeber hinterlassene Lücke zu schließen versucht hat, ist ersichtlich darum bemüht, keinen generellen Entschädigungsanspruch für Bildnisveröffentlichungen zu schaffen, sondern diesen Anspruch durch das Tatbestandsmerkmal der besonderen Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung zu begrenzen. Diese Anforderungen würden schlicht ignoriert und das von der Rechtsprechung entwickelte Regel-Ausnahme-Verhältnis in sein Gegenteil verkehren, würde man die streitgegenständliche Veröffentlichung im vorliegenden Falle einer Geldentschädigungspflicht unterwerfen."
(tg) - Quelle: PM des LG München I Nr. 26/08 vom 07.05.2008
Zur Sache
Heike Makatsch hatte selbst und für ihre kleine Tochter vom Heinrich Bauer Verlag eine Geldentschädigung von insgesamt EUR 35.000,00 verlangt, weil dieser im März 2007 Fotos veröffentlicht hatte, auf denen die Schauspielerin mit ihrem wenige Wochen alten Baby bei einem Spaziergang durch Berlin zu sehen ist.
Im Mittelpunkt des Rechtstreits stand die Frage, ob die Fotoveröffentlichungen als schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung zu bewerten sind. Nur in diesem Fall gibt es nach der Rechtsprechung eine Geldentschädigung, wobei gerade bei Bildnisveröffentlichungen mit der Begründung geringe Anforderungen gestellt werden, dass keine anderen Abwehrmöglichkeiten als der Anspruch auf eine Geldentschädigung zur Verfügung stehen.
Entscheidung des Gerichts: Nicht jede einwilligungslose Bildnisveröffentlichung ist mit einer Geltentschädigung zur sanktionieren
Das Landgericht wies trotz der besagten "geringen Anforderungen" beide Klagen ab. Durch die Fotos werde – so das Urteil der Richter – weder der Kernbereich der Persönlichkeitsrechte von Mutter und Kind (etwa ihr Intimbereich) berührt, noch würden die beiden in einen negativen Kontext gerückt. Die Aufnahmesituation greife auch nicht in einen erkennbar privaten oder gar nach außen hin abgegrenzten Bereich wie Wohnung oder Garten ein. Vielmehr erschöpften sich die Aufnahmen darin, Mutter und Kind auf einem Spaziergang in ihrem Wohnort zu zeigen. Allein darin sah die Kammer keine besondere Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung.
Kein genereller Entschädigungsanspruch - Geldentschädigung wegen einwilligungsloser Bildnisveröffentlichung kommt nur bei einer besonderen Schwere der Persönlichkeitsverletzung in Betracht.
Weiter führt die 9. Zivilkammer aus:
"Würde man anders entscheiden, so würde letztlich jede einwilligungslose Bildnisveröffentlichung mit einer Geldentschädigung sanktioniert. Dies war und ist vom Gesetzgeber so nicht gewollt. Auch die Rechtsprechung, die die vom Gesetzgeber hinterlassene Lücke zu schließen versucht hat, ist ersichtlich darum bemüht, keinen generellen Entschädigungsanspruch für Bildnisveröffentlichungen zu schaffen, sondern diesen Anspruch durch das Tatbestandsmerkmal der besonderen Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung zu begrenzen. Diese Anforderungen würden schlicht ignoriert und das von der Rechtsprechung entwickelte Regel-Ausnahme-Verhältnis in sein Gegenteil verkehren, würde man die streitgegenständliche Veröffentlichung im vorliegenden Falle einer Geldentschädigungspflicht unterwerfen."
(tg) - Quelle: PM des LG München I Nr. 26/08 vom 07.05.2008
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 07.05.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1608
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