Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 10.01.2008 - I ZR 38/05
AKADEMIKS - Zur Frage, wann in der Anmeldung einer im Ausland bereits eingetragenen und für identische oder gleichartige Waren benutzten Marke im Innland eine wettbewerbswidrige Behinderung liegt.
UWG §§ 3, 4 Nr. 10
Leitsätze:*1. In der Anmeldung einer im Ausland bereits eingetragenen und für identische oder gleichartige Waren benutzten Marke
kann eine wettbewerbswidrige Behinderung u.a. dann liegen, wenn der Anmelder die mit der Eintragung der Marke
entstehende Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzen möchte. Dies ist der Fall, wenn
der Anmelder weiß, dass ein identisches oder verwechselbares Zeichen im Ausland bereits für identische oder
gleichartige Waren benutzt wird, und wenn sich ihm nach den Umständen zumindest die Kenntnis aufdrängen muss,
dass der Inhaber der ausländischen Marke die Absicht hat, das Zeichen in absehbarer Zeit auch im Inland zu benutzen.
Der Umstand, dass der Anmelder die inländische Marke für eigene Waren benutzen will, schließt dabei die Unlauterkeit
nicht aus, wenn die unter der Marke zu vertreibenden Waren Nachahmung der Waren darstellen, die der Inhaber
der ausländischen Marke unter dieser Marke vertreibt.
2. Eine wettbewerbswidrige Behinderung kann grundsätzlich auch durch die Anmeldung und Eintragung einer Marke erfolgen.
Wegen des im Markenrecht geltenden Territorialitätsgrundsatzes ist es im Allgemeinen rechtlich unbedenklich,
wenn im Inland ein Zeichen als Marke in Kenntnis des Umstands angemeldet wird, dass ein anderer dasselbe oder ein
verwechselbar ähnliches Zeichen im Ausland als Marke für gleichartige oder sogar identische Waren benutzt.
Nur wenn zur Kenntnis von der Benutzung besondere Umstände hinzutreten, die das Verhalten des Anmelders als
wettbewerbswidrig erscheinen lassen, steht der markenrechtliche Territorialitätsgrundsatz der Anwendung des UWG nicht
entgegen. Solche besonderen Umstände können darin liegen, dass der Zeicheninhaber in Kenntnis eines schutzwürdigen
Besitzstands des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen
die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstands des Vorbenutzers
oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen
oder dass der Zeichenanmelder die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich
an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt.
3. Die Anmeldung einer Marke kann als wettbewerbswidrig zu beurteilen sein, wenn der Anmelder weiß, dass ein identisches
oder verwechslungsfähig ähnliches Zeichen im Ausland bereits für zumindest gleichartige Waren benutzt wird, das ausländische
Unternehmen die Absicht hat, das Zeichen in absehbarer Zeit auch im Inland zu benutzen, und sich dem Anmelder diese Absicht
zumindest aufdrängen musste. Die Schwelle der als bloße Folge des Wettbewerbs hinzunehmenden Behinderung ist allerdings
erst dann überschritten, wenn das betreffende Verhalten bei objektiver Würdigung der Umstände in erster Linie auf die
Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist.
Die Absicht die Marke als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen muss das wesentliche Motiv der Markenanmeldung sein.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 04.05.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1606
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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