Rechtsprechung
Hanseatisches OLG, Urteil vom 26.02.2008 - 7 U 61/07
"Duschverhalten" - Zur Zulässigkeit der Wiedergabe von Zitaten bekannter Unterhaltungskünstler in einer Werbeveröffentlichung.
BGB §§ 12, 823 Abs. 1, Abs. 2; GG Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1; UrhG § 51
Leitsätze:*1. Die bloße Verwendung des Namens eines Prominenten in einer Werbeanzeige oder sonstigen Veröffentlichung eines
Waren anbietenden Unternehmens stellt noch keine Namensrechtsverletzung im Sinne des § 12 BGB dar (BGH Urteil vom
25.06.1981, GRUR 1981, 856). Etwas anderes kann dann gelten, wenn in der Veröffentlichung der Eindruck erweckt wird,
die namentlich genannte Person stehe selbst als Verantwortlicher hinter dem Produkt (BGH Urteil vom 18.03.1959, GRUR
1959, 430) oder habe sich als Namensgeber für das Produkt zur Verfügung gestellt (hier: verneint).
2. Zu den immateriellen Anteilen des Urheberrechts gehört auch das Recht des Urhebers, dass seine Äußerungen nicht in einem
entstellenden Zusammenhang gebracht werden dürfen (§§ 14, 62 Abs. 1 UrhG).
3. Eine Verletzung des allgemeine Persönlichkeitsrechts (§ 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG)
kann dann eintreten, wenn ein Zitat oder die Person seines Urhebers von einem Dritten dazu benutzt werden, zu eigenen werblichen
Zwecken des Verwenders besondere Aufmerksamkeit zu erregen (hier: Wiedergabe von Zitaten aus dem Programm eines bekannten Comedian
mit Namensnennung in einer Werbeveröffentlichung eines Unternehmens). In einem solchen Fall besteht die Gefahr, dass die
berechtigten Interessen des Urhebers dadurch verletzt werden, dass ihm Teile seines Werkes entfremdet und den eigenen Zwecken
des Zitierenden untergeordnet werden.
5. Das Zitatrecht des § 51 UrhG ist dann ausgeschlossen, wenn die Zitierung berechtigte (materielle, ideelle - §§ 12 bis 14 UrhG -
und immaterielle) Interessen des Zitierten verletzt.
6. Auch dem, aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Urhebers aus Art. 2 Abs. 1,
1 Abs. 1 GG ableitbaren Recht, selbst zu bestimmen, zu welchen Zwecken und in welchem Zusammenhängen Zitate aus seinem
Werk eingesetzt werden, sind die Grenzen gesetzt, die sich aus dem Recht Dritter auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG)
ergeben. Bei einer Werbeveröffentlichung ist insoweit auch in diesem Zusammenhang keine besondere Qualität des in ihr enthaltenden
redaktionellen Anteils zu verlangen.
7. Die Wiedergabe von Zitaten aus dem Programm eines bekannten Comedian in einer Werbeveröffentlichung stellt insoweit nur dann
eine das Zitatrecht (§ 51 UrhG) ausschließende Verletzung berechtigter (immaterieller) Interessen des Zitierten dar
(hier: Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts), wenn die Zitate oder der Name des Betroffenen in die
Veröffentlichung mit dem Ziel integriert werden, deren Aufmerksamkeitswert zu erhöhen ("Aufhänger").
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 09.04.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1579
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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