Rechtsprechung
Hanseatisches OLG, Beschluss vom 03.04.2007 - 3 W 64/07
Verstoß gegen Impressumspflichten - Die (soweit an sich gebotene) fehlende Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde und der Handelsregisternummer i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 4 TMG stellt grundsätzlich wettbewerbsrechtlich nur einen Bagatellverstoß dar.
UWG §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 11; TMG § 5 Abs. 1 Nr. 3, Nr. 4
Leitsätze:*1. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 TMG haben Diensteanbieter für geschäftsmäßige, in der Regel gegen
Entgelt angebotene Telemedien, Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde leicht erkennbar, unmittelbar
erreichbar und ständig verfügbar zu halte, soweit der Dienst im Rahmen einer Tätigkeit angeboten
oder erbracht wird, die der behördlichen Zulassung bedarf.
2. Das Normelement "geschäftsmäßige, in der Regel gegen Entgelt angebotene Telemedien"
beschränkt den Anwendungsbereich der Regelung des § 5 TMG jedoch nicht auf kostenpflichtige Telemediendienste.
Vielmehr zeigt auch die Entstehungsgeschichte der Norm, dass mit diesem Tatbestandselement lediglich Internetangebote
von privaten Anbietern und von Idealvereinen, mithin nicht kommerzielle Angebote, aus dem Anwendungsbereich der
Impressumspflicht ausgenommen werden sollten. Ansonsten sollten die allgemeinen Informationspflichten der
Dienstanbieter, die zuvor in § 6 TDG geregelt waren, unverändert übernommen werden
(vgl. dazu BR-Drucksache 556/06, S. 15, 20 und BT-Drucksache 16/3078 S. 14). Somit ist die Norm dahingehend
auszulegen, dass sämtliche kommerziellen Telemediendienste den Anforderungen des § 5 TMG unterliegen.
Dieses Verständnis der Norm steht auch im Einklang mit § 1 TMG, wonach die Regelungen des TMG für alle Anbieter
... unabhängig davon gelten, ob für die Nutzung ein Entgelt erhoben wird.
3. § 5 Abs. 1 TMG ist im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten
zu regeln.
4. Die fehlende - (wettbewerbs-) rechtlich aber an sich im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 3 TMG gebotene -
Angabe der zuständigen Aufsichtsbehörde (hier gemäß § 34c Abs. 1 Nr. 1a GewO die Erlaubnis- und Aufsichtsbehörde für Tätigkeiten
im Bereich "Vermittlung und Nachweis von Immobilien") stellt keinen nicht nur unerheblichen Wettbewerbsverstoß dar und
unterschreitet damit die Erheblichkeitsschwelle des § 3 UWG. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Verbraucher und Mitbewerber
durch die fehlende Angabe der Aufsichtsbehörde nicht davon abgehalten werden, sich bei Verstößen gegen die Berufspflichten
über den betreffenden Diensteanbieter zu beschweren.
5. Gleiches gilt für die fehlende Angabe der Handelsregisternummer gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 TMG. Zwar stellt auch dies
dem Grunde nach einen Wettbewerbsverstoß i.S.v. § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 4 TMG dar. Dieser überschreitet
aber grundsätzlich nicht die Erheblichkeitsschwelle des § 3 UWG, da maßgeblich für die rechtliche Durchsetzung etwaiger Ansprüche gegen den Diensteanbieter insoweit vielmehr die Angabe des zuständigen Handelsregisters ist.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 08.04.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1577
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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