Rechtsprechung
VG Köln, Beschluss vom 13.12.2007 - 11 L 1693/07
Abschaltung von 0900er-Nummern durch die Bundesnetzagentur - Die sechs monatige Abschaltung einer 0900er-Nummer durch die Bundesnetzagentur wegen mehrfachen Verstoßes gegen die Preisangabepflichten des TKG ist zulässig.
TKG §§ 66a, 67 Abs. 1 Satz 1; VwGO § 80 Abs. 5
Leitsätze:*1. Nach § 67 Abs. 1 Satz 1 TKG ist die Bundesnetzagentur im Rahmen der Nummernverwaltung berechtigt Anordnungen und andere geeignete
Maßnahmen zu treffen, um die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften sicherzustellen. Nach § 66a TKG muss derjenige, der gegenüber
Endnutzern unter der Rufnummergasse 0900 für Premiumdienste wirbt, den für die Inanspruchnahme dieser Nummer zu zahlenden Preis
zeitabhängig angeben.
2. Gespräche, in denen auf eine 0900-Nummer hingewiesen wird, sind als das Anbieten von Premiumdiensten gegenüber
Endnutzern und als Werbung anzusehen. Dabei ist unerheblich, ob es sich um ein persönliches Gespräch oder um eine
Bandansage handelt. In beiden Fällen ist es der Zweck des Anrufs, den Angerufenen dazu zu bewegen, die
Premiumnummer anzuwählen (vgl. zu sog. "Ping-Anrufen": VG Köln, Urteil vom 28.01.2005 - Az. 11 K 3734/04 = NJW 2005, 1880ff).
3. Die Preisangabepflicht des § 66a TKG umfasst bei zeitabhängigen Tarifen die Angabe des Preises mit dem Hinweis auf
die Zeitdauer (hier: Minute). Denn erst der Hinweis auf die Zeitabhängigkeit des Preises und das Intervall ermöglicht
es dem Kunden, den Gesamtpreis des Gesprächs abzuschätzen. Ebenfalls ist die Währungseinheit anzugeben und darauf
hinzuweisen, dass die Preise für Anrufe aus dem Mobilfunknetz abweichen können.
4. Der Bundesnetzagentur ist nach § 67 TKG grundsätzlich ein Entschließungs- und Auswahlermessen eröffnet, d.h. sie hat
nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, ob und wie sie vorgeht, und kann alle Anordnungen treffen, die zur Durchsetzung
der Vorgaben der Nummernverwaltung erforderlich und angemessen sind. Hierbei ist allerdings der Ermessensspielraum bei
gesicherter Kenntnis von einer rechtswidrigen Nutzung eingeschränkt (vgl. § 67 Abs. 1 Satz 3 TKG "soll"). Im Regelfall
ist dann die Abschaltung der Rufnummer anzuordnen, da allein die Abschaltung der Nummer die rechtswidrige Nutzung der
Nummer verhindern kann.
5. Die sechs monatige Abschaltung einer 0900er-Nummer durch die Bundesnetzagentur wegen mehrfachen Verstoßes - trotz
mehrfacher Beanstandungen durch die Bundesnetzagentur - gegen die Preisangabepflichten des TKG (hier: § 66a TKG) ist zulässig.
6. Verantwortlich für die Einhaltung der Preisangabepflichten und die Nutzung der Nummer im Einklang mit den rechtlichen
Vorschriften ist der Zuteilungsinhaber. Bei Fehlern von Hilfspersonen hat der Zuteilungsinhaber umgehend für Abhilfe zu sorgen
und muss im Fall von Beanstandungen auch kontrollieren ob seine Hilfspersonen beanstandete Fehler beseitigt haben.
Eine befristete Abschaltung ermöglicht es dem Zuteilungsinhaber im Übrigen, die Organisation bei Wiederaufnahme der
Nutzung entsprechend zu ändern.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 26.03.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1564
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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