Rechtsprechung
Hanseatisches OLG, Beschluss vom 27.02.2007 - 5 W 7/07
"Tonnenweise Hardware" - Maßgeblich für die Annahme der Unternehmereigenschaft eines eBay-Verkäufers kann auch dessen Selbstdarstellung und offensive Werbung mit dem Verkauf gleichartiger bzw. sachlich im Zusammenhang stehender Waren sein. 242 Bewertungen in ca. 2 Jahren deuten ebenfalls auf eine unternehmerische Geschäftstätigkeit hin.
BGB § 14
Leitsätze:*1. Ein Gewerbe (i.S.d. HGB) liegt vor, wenn eine planvolle, auf gewisse Dauer angelegte,
selbständige und wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird und dies nach außen hervortritt.
Diese Begriffsbestimmung findet auch im Rahmen von § 14 BGB Anwendung.
2. Die Unternehmereigenschaft eines Verkäufers bei eBay ist bei Würdigung
der Gesamtumstände des Einzelfalls anhand von Indizien zu bestimmen.
3. Indizien, aus denen die Unternehmereigenschaft folgen kann, sind Zahl und Häufigkeit
der vom Verkäufer durchgeführten Auktionen, wobei auch der Geschäftsgegenstand - Neuware,
Veräußerung gleicher oder unterschiedlicher Waren - eine Rolle spielt, der Auktionsumsatz,
ein Auftritt oder die Verwendung von Werbebeschreibungen, die einen professionellen
Eindruck machen oder das Betreiben eines eBay-Shops.
Allerdings sind allein die Anzahl
der Auktionen oder die abgegebenen Bewertungen der Ersteigerer für sich genommen - zumindest
unter einer bestimmten Größenschwelle - noch kein zuverlässiges Indiz für die Unternehmereigenschaft
des Anbieters. Voraussetzung für eine gewerbliche Tätigkeit ist immer auch die dauerhafte,
planmäßige Ausrichtung auf eine Vielzahl von Geschäften. Der Umfang der Verkaufstätigkeit
eines Verkäufers bei eBay muss aber kein zwingendes Indiz für die Teilnahme am Geschäftsverkehr als
Unternehmer sein, wenn z.B. umfangreiche private Sammlungen aufgelöst oder
eine Vielzahl nicht zusammenhängender Gegenstände (z.B. aus Anlass einer Haushaltsauflösung)
veräußert werden.
4. Ein Verkaufstätigkeit bei eBay mit einem Ausmaß von 242 Bewertungen in einem Zeitraum von ca. 2 Jahren spricht
im Regelfall für die Unternehmereigenschaft des Verkäufers (vgl. auch: OLG Frankfurt NJW 2004, 3433; LG Mainz NJW 2006, 783).
5. Maßgeblich für die Annahme der Unternehmereigenschaft eines eBay-Verkäufers kann auch dessen
Selbstdarstellung und offensive Werbung mit dem Verkauf gleichartiger bzw. sachlich im Zusammenhang stehender Waren sein.
Insofern vermitteln Werbebehauptungen wie "Gebrauchte Hardware in Massen", "Tonnenweise Hardware" sowie
"Riesen-Menge Hardware" den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres den Eindruck, dass der betreffende Verkäufer
in großem Umfang Waren zum Verkauf anbietet. Die inneren - diesen Werbebehauptungen zu Grunde
liegenden - Beweggründe des Verkäufers sind insoweit für die Frage von dessen Unternehmereigenschaft i.S.d. § 14 BGB unbeachtlich.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 06.03.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1537
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
OLG Nürnberg, Urteil vom 21.12.2021 - 3 U 3716/21, MIR 2022, Dok. 004
HHole (for Mannheim) und PHaradies - Zur Zulässigkeit der Entfernung von Kunstinstallationen in einem Museum
Bundesgerichtshof, MIR 2019, Dok. 009
Gewerblichkeit der Tätigkeit eines externen Datenschutzbeauftragten der zugleich auch Rechtsanwalt ist
BFH, Urteil vom 14.01.2020 - VIII R 27/17, MIR 2020, Dok. 021
Werbung für mit Pflanzen- und Fruchtextrakten gefärbtes Fruchtgummi mit Hinweis "ohne künstliche Farbstoffe" zulässig
Verwaltungsgericht Freiburg, MIR 2020, Dok. 001
Inländischer Zustellungsbevollmächtigter - Zur (sekundären) Darlegungslast von Gläubiger und Netzwerkbetreiber betreffend die Wirksamkeit einer Zustellung gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 NetzDG
BGH, Beschluss vom 10.11.2022 - I ZB 10/22, MIR 2023, Dok. 004