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Rechtsprechung



Hanseatisches OLG, Urteil vom 29.11.2006 - 5 U 79/06

Unerwünschte E-Mail-Werbung - Die Zusendung einer Werbe-E-Mail ohne Einwilligung des Adressaten, stellt regelmäßig unzumutbare Belästigung (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG) und eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung i.S.d. § 3 UWG dar. Zur Darlegungs- und Beweislast im Rahmen von E-Mail-Werbung.

UWG §§ 3, 7 Abs. 2 Nr. 3

Leitsätze:*

1. Bei der Zusendung von E-Mails handelt es sich nach der Definition in Art. 2 Satz 2 lit. h der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation um elektronische Post im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG.

2. Der Versender einer Werbe-E-Mail trägt nach den grundlegenden prozessualen Grundsätzen in vollem Umfang die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Einverständniserklärung des konkret betroffenen Markteilnehmers (Adressaten der E-Mail), da es sich insoweit um eine Rechtfertigungsgrund für das Verhalten des Werbenden handelt. Der Werbende hat dahingehend Vorkehrungen zu treffen, die ihn in die Lage versetzen gegebenenfalls zu beweisen, dass die betreffende E-Mail-Werbung von dem Adressaten angefordert wurde. Wird eine solche Protokollierung nicht vorgenommen, kann sich der Werbende nicht auf eine etwaige Erleichterung der Darlegungs- und Beweislast berufen.

3. Ein Newslettersystem, dass ermöglicht, dass von einer Person zugunsten eines beliebigen Dritten unter Angabe dessen E-Mail-Anschrift ein Werbe-Newsletter angefordert wird, ohne das sichergestellt ist, dass die benannte dritte Person mit der Zusendung derartiger Newsletter einverstanden ist, genügt diesen Anforderungen nicht. Allein der Hinweis in einer Anmeldebestätigung, dass der Betroffene den Newsletter abbestellen könne, ohne das eine weitere Verifizierung erfolgt (einfaches "opt-in" - Verfahren) ist nicht ausreichend. Insbesondere lässt sich allein aus der Nichtreaktion des (ungewollten) Adressaten eine Einwilligung oder mutmaßliche Einwilligung nicht begründen. Aus dem Schweigen des Adressaten jedenfalls sind keine rechtlichen Schlüsse im Hinblick auf ein Einverständnis zu entnehmen.

4. Bei der Zusendung eines Newsletters per E-Mail ohne Einwilligung des Adressaten, ist regelmäßig eine Belästigung in unzumutbarer Weise anzunehmen (§ 7 Abs. 1, Abs. 2 UWG). Hierbei liegt auch nicht nur ein Bagatellverstoß vor, da eine "unzumutbare" Belästigung eines Marktteilnehmers nicht mehr nur als unerheblich anzusehen ist.

MIR 2007, Dok. 373


Anm. der Redaktion: In dem hier vorliegenden Fall wurde offensichtlich das einfache "opt-in"-Verfahren verwendet, bei dem mit dem Eintrag - der E-Mail-Adresse - bereits der Bezug des betreffenden Newsletters o.ä. "in Gang gesetzt wird". Wie die Entscheidung zeigt, bieten sich dem auf diesem Wege Werbenden nur schwerlich Möglichkeiten des Nachweises einer Einwilligung in die Zusendung des Newsletters bzw. der Werbung, mit der Folge einer entsprechenden Beweisnot im Streitfall. Auf die Frage, ob bereits die "Confirm-Mail" im Rahmen des sog. "Double-Opt-In"-Verfahrens eine unzulässige Werbung nach § 7 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 1 UWG darstellt und ggf. welche Anforderungen an die Gestaltung einer solchen "Confirm-Mail" zu stellen sind, musste das Gericht hier daher leider nicht mehr eingehen (vgl. hierzu auch: AG München, Urteil vom 30.11.2006 - Az. 161 C 29330/06 = MIR 2007, Dok. 050 sowie LG Berlin, Urteil vom 23.01.2007 - Az. 15 O 346/06 = MIR 2007, Dok. 259).
Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: Thomas Gramespacher
Online seit: 15.10.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1398

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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