Rechtsprechung
LG Bonn, Urteil vom 10.04.2007 - 11 O 165/06
"Festnetz, Internet und Handy - Alles aus einer Hand!" - Im Internethandel ist es ausreichend, wenn Endpreise bei Kopplungsangeboten mit Kundenoptionen für den Interessenten mittels Verlinkung festgestellt werden können.
UWG §§ 5 Abs. 2 Nr. 2, 4 Nr. 11; PAngV § 1 Abs. 6
Leitsätze:*1. Handelt sich bei der Darstellung von Endpreisen im Internethandel um ein in sich geschlossenes System,
das über die Verlinkung gesteuert wird (hier: Schritt-für-Schritt Angebotszusammenstellung und -berechnung
bei kundenabhängigen Kombinationsangeboten) verstößt dies nicht gegen § 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG.
Dies gilt auch dann, wenn von der konkreten Berechnung ein beworbener Preisvorteil abhängig gemacht wird
(hier: Ersparnis bis zu 100 EUR). Für den durchschnittlichen E-Mail – Empfänger ergibt sich bei Angeboten
die eine Auswahl von Optionen und Kombinationsmöglichkeiten zur Verfügung stellen, unzweifelhaft, dass von ihm
ein Tun erwartet wird, nämlich das Kombinieren. Unterlässt er dies, kann er auch nicht erfahren, ob und in welcher
Höhe er etwa einen beworbenen Vorteil erhalten kann. Bei derartigen Angeboten, dürfen die jeweilig enthaltenen
Aussagen in ihrem Gesamteindruck nicht isoliert beurteilt (BGH GRUR 2005, 438, 440f) und nicht aus ihrem
Zusammenhang gerissen werden (BGH GRUR 2005, 690, 692 - Internet-Versandhandel)
2. Kann der Adressat eines Internet-Angebots (hier: via E-Mail) wegen der in seinem Belieben stehenden Kombinationsmöglichkeiten
erst nach Auswahl von Optionen ein konkretes Angebot zur Kenntnis erhalten, kann nicht schon vorher ein Endpreis
genannt werden (§ 1 Abs. 1 S. 1 PAngV). Aus gleichem Grund kann auch nicht vorher gesagt werden, unter welchen
Bedingungen der Adressat der Werbung eine Geldersparnis erhält und/oder welche vertraglichen Verpflichtungen
er eingehen muss, um diese Geldersparnis zu erhalten.
3. Für den Bereich des Internethandels ist es ausreichend, wenn die Endpreise auf Grund einfacher elektronischer Verknüpfung
(Verlinkung) festgestellt werden können und der Nutzer hierauf klar und unmissverständlich hingewiesen wird
(OLG Köln, GRUR-RR 2005, 89, 90). Der Beworbene muss insoweit nicht immer alle preisbildenden Faktoren eines Angebots auf
den ersten Blick erkennen können.
4. Es kann insoweit genügen, dass der Beworbene, wenn er der Verlinkung folgt, jeweils zu neuen Seiten gelangt und hierdurch
eindeutig zugeordnet wird, wo er sich innerhalb des Weges zum Ergebnis befindet und was weiter zu geschehen hat.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass Verlinkungen stets zur Einblendung eines zusätzlichen (weiteren) Textes ("Step-by-Step"-System)
führen.
5. Es besteht kein Grund, die Anzahl der in einem Internetangebot für die Konkretisierung notwendigen Verlinkungen ("Schritte")
zahlenmäßig einzuschränken (§ 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV, § 5 UWG). Wie viele Schritte bis zur Ermittlung eines konkreten
Preises (oder hier auch eines beworbenen Preisvorteils "bis zu 100 EUR") erforderlich sind, hängt von der Komplexität
der Zusammenhänge ab (hier: Kopplungsangebot für Telekommunikationsdienste und Endgeräte, das auf Kundenoptionen beruht).
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 24.07.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1303
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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