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Thomas Gramespacher

Bundesregierung beschließt Gesetzesentwurf - Mehr Schutz für das geistige Eigentum

MIR 2007, Dok. 033, Rz. 1


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Die Bundesregierung hat am 24.01.2007 den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der EU-Durchsetzungs-Richtlinie zur Stärkung und Durchsetzung des geistigen Eigentums beschlossen. Das Gesetz soll den Kampf gegen Produktpiraterie erleichtern und damit das geistige Eigentum stärken (vgl. u.a. MIR Dok. 165-2006, Rz. 1-6, MIR Dok. 064-2006, Rz. 1-15., MIR Dok. 227-2006, Rz. 1, MIR Dok. 232-2006, Rz. 1).

"Produktpiraterie nimmt ständig zu, richtet beträchtliche wirtschaftliche Schäden an und vernichtet Arbeitsplätze. Der Schutz von kreativem Schaffen ist gerade für die Deutsche Wirtschaft in einem rohstoffarmen Umfeld von herausragender Bedeutung. Gefälschte Produkte können auch ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellen, zum Beispiel bei Ersatzteilen oder Medikamenten. Daher muss der Produktpiraterie auf vielfältige Weise begegnet werden. Ein Mittel ist die Verbesserung des rechtlichen Instrumentariums", erläuterte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Das Gesetz setzt die Richtlinie 2004/48/EG durch eine Novellierung von mehreren Gesetzen zum Schutz des geistigen Eigentums um: Patentgesetz, Gebrauchsmustergesetz, Markengesetz, Halbleiterschutzgesetz, Urheberrechtsgesetz, Geschmacksmustergesetz, Sortenschutzgesetz werden weitgehend wortgleich geändert. Ferner passt der Gesetzentwurf das deutsche Recht an die neue EG-Grenzbeschlagnahme-Verordnung an. Diese Verordnung sieht ein vereinfachtes Verfahren zur Vernichtung von Piraterieware nach Beschlagnahme durch den Zoll vor. Darüber hinaus enthält der Entwurf eine Anpassung an eine EG-Verordnung zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel und schließt hinsichtlich der unberechtigten Verwendung von geographischen Herkunftsangaben eine Strafbarkeitslücke.

Urheberrechtliche Abmahnung gegenüber Privaten - § 97a UrhG (RegE)
Gegenstand des Gesetzesentwurfs ist aber vor allem die viel diskutierte Regelung zur Begrenzung des Kostenerstattungsanspruchs bei urheberrechtlichen Abmahnungen gegenüber Privaten.

"Für die Verbraucherinnen und Verbraucher bringt das Gesetz ebenfalls eine ganz wesentliche Verbesserung: Mit der Begrenzung des Kostenerstattungsanspruchs auf 50 Euro für die erste anwaltliche Abmahnung stellen wir sicher, dass bei der Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen nicht über das Ziel hinausgeschossen wird. Wer keine geschäftlichen Interessen verfolgt, ist künftig vor überzogenen Abmahnkosten besser geschützt", sagte Zypries.

Der in diesem Zusammenhang neu eingeführte § 97a UrhG (RegE) lautet wie folgt:

§ 97a Abmahnung
(1) Der Verletzte soll den Verletzer vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens auf Unterlassung abmahnen und ihm Gelegenheit geben, den Streit durch Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung beizulegen. Soweit die Abmahnung berechtigt ist, kann der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden.

(2) Der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die erstmalige Abmahnung beschränkt sich in einfach gelagerten Fällen mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 50 Euro.

In der Begründung zu § 97a UrhG (RegE) heißt es:
"Ein Handeln im geschäftlichen Verkehr ist jede wirtschaftliche Tätigkeit auf dem Markt, die der Förderung eines eigenen oder fremden Geschäftszwecks zu dienen bestimmt ist. Der Begriff des geschäftlichen Verkehrs ist weit auszulegen. Der Kostenerstattungsanspruch wird nur für die erstmalige Abmahnung beschränkt. Ob eine erstmalige Abmahnung vorliegt, ist aus Sicht des konkret betroffenen Verletzten zu beurteilen. Erfasst werden von Absatz 2 zudem nur Urheberrechtsverstöße in einfach gelagerten Fällen mit nur einer unerheblichen Rechtsverletzung. Einfach gelagert ist ein Fall dann, wenn er nach Art und Umfang ohne größeren Arbeitsaufwand zu bearbeiten ist, also zur Routine gehört. Eine unerhebliche Rechtsverletzung erfordert ein geringes Ausmaß der Verletzung in qualitativer wie quantitativer Hinsicht, wobei es auf die Umstände des Einzelfalls ankommt. Die Erstattung der Abmahnkosten beschränkt sich in diesem Fall auf 50 Euro. Dieser Betrag schließt Steuern und Auslagen wie Porto für den Abmahnvorgang ein. Sofern allerdings für die Ermittlung der Rechtsverletzung notwendige sonstige Auslagen anfallen, wie dies etwa bei der Ermittlung des hinter einer IP-Adresse stehenden Verletzers der Fall ist, sind diese nicht Bestandteil des in Absatz 2 genannten Betrages."

Bei den übrigen Schutzrechten wie dem Marken- oder Patentrecht sei eine vergleichbare Regelung im Übrigen nicht erforderlich, da hier Abmahnungen ohnehin nur ausgesprochen werden können, wenn das Recht in gewerblichem Ausmaß verletzt wurde.

§ 101 Abs. 2 UrhG (RegE): Auskunftsansprüche (§ 101a UrhG) nun auch gegenüber Dritten
Weiterhin enthält der Entwurf in § 101 Abs. 2 UrhG (RegE) eine Regelung, die dem Verletzten unter bestimmten Voraussetzungen nunmehr einen Auskunftsanspruch auch gegen Dritte einräumt (etwa Internet-Provider oder Spediteure), die selbst nicht Rechtsverletzer sind. Gegenüber dem bereits heute in § 101a UrhG geregelten zivilrechtlichen Auskunftsanspruch des Rechteinhabers gegen denjenigen, der geistiges Eigentum verletzt hat, soll der Rechteinhaber damit in die Lage versetzt werden, den Rechtsverletzter mit zivilrechtlichen Mitteln zu ermitteln um schließlich seine Rechte gerichtlich besser durchsetzten zu können.

Gesondert geregelt wird ausdrücklich der Fall, dass der Dritte die begehrte Auskunft nur unter Verwendung von so genannten Verkehrsdaten der Telekommunikation (Nummernzuordnungen o.ä.) erteilen kann. Zukünftig soll zwar auch der Zugriff auf diese Daten grundsätzlich möglich sein. Allerdings nur aufgrund einer richterlichen Anordnung (§ 101 Abs. 8 (RegE)).

Gleichwohl gilt nach der Begründung auch hier:
"Auch der in Absatz 2 geregelte Auskunftsanspruch gegenüber Dritten setzt voraus, dass die Rechtsverletzung im geschäftlichen Verkehr erfolgt ist. Damit wird auch hier dem Erwägungsgrund 14 der Richtlinie Rechnung getragen, wonach ein Auskunftsanspruch auf jeden Fall dann vorgesehen werden muss, wenn die Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß vorgenommen worden ist. Auf eine Handlung im geschäftlichen Verkehr wird in der Regel dann zu schließen sein, wenn ihr Ausmaß über das hinausgeht, was einer Nutzung zum privaten Gebrauch entspricht."

Schadenersatz: Verletzergewinn und fiktive Lizenzgebühr
Im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung stellt der Entwurf zudem klar, dass nach Wahl des Verletzten neben dem konkret entstandenen Schaden auch der Gewinn des Verletzers oder eine angemessene fiktive Lizenzgebühr - d. h. das Entgelt, das für die rechtmäßige Nutzung des Rechts zu zahlen gewesen wäre - als Grundlage für die Berechnung des Schadenersatzes dienen können.

Der Rechtsinhaber erhält ferner bei offensichtlichen oder festgestellten Rechtsverletzungen einen Anspruch gegen den Verletzer auf Vorlage von Bank-, Finanz- und Handelsunterlagen, wenn ohne diese Unterlagen die Erfüllung von Schadenersatzansprüchen fraglich wäre. Zudem wird dem Rechteinhaber ein Anspruch gegen den Verletzer auf die Vorlage von Urkunden und die Zulassung der Besichtigung von Sachen eingeräumt, der über die nach der Zivilprozessordnung bereits bestehenden Möglichkeiten hinausgeht. Soweit der Verletzer allerdings geltend macht, dass es sich um vertrauliche Informationen handelt, trifft das Gericht die erforderlichen Maßnahmen, um die Vertraulichkeit zu sichern.

Der Gesetzesentwurf wird nun dem Bundesrat zur Stellungnahme vorgelegt. Erst nach einer weiteren Gegenäußerung der Bundesregierung folgt dann die Beratung im Bundestag.

Anm. der Redaktion: Vgl. zu diesem Thema auch: "§ 97a UrhG - Begrenzung der Kostenerstattung bei urheberrechtlichen Erstabmahnungen von Privaten", MIR Dok. 165-2006, Rz. 1-6, "Deckelung" des Gegenstandswertes für Schutzrechtsabmahnungen gegenüber Privatanwendern bzw. Verbrauchern", MIR Dok. 064-2006, Rz. 1-15., "Zypries stellt Gesetzesentwurf mit Änderungen im Patent-, Marken- und Urheberrechtsgesetz vor - Erstattunsfähige Anwaltskosten für Abmahnungen gegenüber Privaten max. 50 EUR", MIR Dok. 227-2006, Rz. 1 und "Begrenzung des Kostenerstattungsanspruchs bei urheberrechtlichen Abmahnungen gegenüber Privaten: "Es bleibt beim geplanten § 97a UrhG.", MIR Dok. 232-2006, Rz. 1

Online seit: 25.01.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/535
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