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Kurz notiert



Landgericht Frankfurt a.M.

Die Weitergabe von abstracts im Internet ist zulÀssig

Urteil des LG Frankfurt a.M. vom 23.11.2006 - Az. 2-03 O 172/06

MIR 2006, Dok. 239, Rz. 1


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Die Verbreitung von Inhaltsmitteilungen von Texten, so genannter "abstracts", verstĂ¶ĂŸt weder gegen das Urheberrecht des Rechteinhabers, noch gegen das Wettbewerbs- und das Markenrecht. Dies hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main am 23.11.2006 (Aktenzeichen: 2-03 O 172/06) entschieden.

Zur Sache
Die KlÀgerin verlegt die "F-Zeitung". Zu dem Angebot dieser Zeitung gehört auch ein umfassendes Internet-Angebot unter www .f-archiv. de. Gegen Entgelt können Dritte einzelne F-Artikel aus dem Online-Archiv aussuchen und auf einer Intranet-/Internetseite veröffentlichen. Hierzu bietet die KlÀgerin gegen Entgelt einen Download in verschiedenen Formaten an.

Die Beklagte betreibt unter www .p.de ein Internetangebot. Auf ihrer Internetseite bietet sie Zusammenfassungen verschiedener Feuilletonartikel der wichtigsten deutschsprachigen QualitĂ€tszeitungen. Hierzu gehören u. a. in der "F-Zeitung" erschienene Originalrezensionen zu aktuellen Buchveröffentlichungen, welche die Beklagte unter der Überschrift "Notiz zur F-Zeitung" in verkĂŒrzter Form wiedergibt. An diesen Notizen hat die Beklagte gegen Entgelt Lizenzen an die Internet-Bookshops a.de und b.de erteilt.

Entscheidung des Gerichts
Mit Ihrer Klage begehrt die KlÀgerin, der Beklagten die kommerzielle Verwertung dieser Notizen im Wege der Weiterlizenzierung an Dritte zu untersagen. Dem folgte die 3. Zivilkammer nicht.

Der Entscheidung der Kammer liegen im Wesentlichen folgende ErwÀgungen zu Grunde:

"Der KlÀgerin steht ein Unterlassungsanspruch weder aus § 97 I UrhG noch unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt zu."

SekundĂ€rnutzungen urheberrechtlich geschĂŒtzter Textvorlagen
"...Bei den vorliegend angegriffenen Textfassungen handelt es sich um eine SekundĂ€rnutzung urheberrechtlich geschĂŒtzter Textvorlagen - Originalbuchkritiken - in eigengestalteten Kurzfassungen dieser Vorlagen (sog. abstracts; vgl. zu dieser Einordnung: Erdmann: Urheberrechtliche Grenzen der Informationsvermittlung in Form von abstracts, in: Festschrift fĂŒr Tilmann, 2003, S. 21 ff., 22). Sie dienen dazu, den Leser ĂŒber den wesentlichen Inhalt der Originaltexte zu informieren."

Keine 1:1 Dokumentation von TextauszĂŒgen
"Eingriffe in die urheberrechtlichen VervielfĂ€ltigungs- und Verbreitungsrechte gemĂ€ĂŸ §§ 16, 17 UrhG scheitern bereits daran, dass es an einer 1:1-Dokumentation von TextauszĂŒgen fehlt (vgl. Erdmann, ebd., S. 26;). Übernommen werden allenfalls sehr kleine Teile der Originalkritiken wie einzelne Wörter, SĂ€tze oder Satzteile, bei denen der Urheberrechtsschutz grundsĂ€tzlich daran scheitert, dass sie nicht ausreichend Raum fĂŒr die Entfaltung von IndividualitĂ€t bieten (vgl. Schricker: Urheberrecht, 3. Aufl., 2006, Rn. 45 + 67 zu § 2; KG GRUR-RR 2002, 313, 314; LG Frankfurt GRUR 1996, 125 - "Tausendmal berĂŒhrt")..."

Abstracts beinhalten lediglich Inhaltsmitteilungen
"...Die angegriffenen abstracts beinhalten Inhaltsmitteilungen. Weil die den abstracts zugrunde liegenden Originalkritiken bereits mit Zustimmung der jeweiligen Urheber erstveröffentlicht sind, beruht die ZulĂ€ssigkeit der Inhaltsmitteilungen auf § 12 II UrhG. Aus dieser Vorschrift ergibt sich im Umkehrschluss, dass nach Erschöpfung des Mitteilungsvorbehaltes jedermann den Inhalt des Werkes öffentlich mitteilen oder beschreiben kann, ohne den Urheber fragen zu mĂŒssen. Diese Inhaltsmitteilungen sind von dem Einwilligungsvorbehalt des § 23 UrhG freigestellt."

Ebenfalls kein markenrechtlicher oder wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch
"...Die KlĂ€gerin vermag ihren Unterlassungsanspruch auch nicht auf Markenrecht zu stĂŒtzen.

Eine rechtsverletzende Benutzung des zugunsten der KlĂ€gerin geschĂŒtzten Kennzeichens "F-Zeitung" und/oder "F-Zeitung" i.S. des § 14 II MarkenG seitens der Beklagten im Zusammenhang mit der entgeltlichen Lizenzierung ihrer P-Notizen liegt nicht vor...

...Es fehlt an dem fĂŒr eine Verletzung erforderlichen kennzeichenmĂ€ĂŸigen Gebrauch. Angesichts der konkreten Ausgestaltung kommt dem verwendeten Kennzeichen nach der maßgeblichen Publikumsauffassung eindeutig ein rein inhaltsbeschreibender Bedeutungsgehalt zu. Die Beklagte stellt mit der Überschrift "Notiz zur F-Zeitung vom..." lediglich klar, dass sie fĂŒr die von ihr erstellten Zusammenfassungen Texte der "F-Zeitung" verwendet hat. Zwar wird die fremde Marke natĂŒrlich auch hier letztendlich zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen als solche eines bestimmten Unternehmens im Sinne eines weiten VerstĂ€ndnisses von EUGH GRUR Int. 1999, 438 - BW Tz. 38 verwendet, aber eben nicht in bezug auf das eigene Leistungsangebot der Beklagten. Damit ist schon der Verletzungstatbestand der §§ 14, 15 MarkenG zu verneinen... .

...Der Unterlassungsanspruch ergibt sich schließlich nicht aus §§ 3, 4 Nr. 9, 8 ff UWG unter dem Gesichtspunkt des ergĂ€nzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes. FĂŒr die Anwendung der §§ 3, 4 UWG neben den sondergesetzlichen Regelungen des Urheber- bzw. Markengesetzes mĂŒssen besondere, außerhalb des sondergesetzlichen Tatbestandes liegende UmstĂ€nde hinzutreten, welche die beanstandete Handlung als unlauter i.S. der §§ 3, 4 UWG erscheinen lassen (BGHZ 134, 250 (267) - CB-Infobank I; GRUR 1999, 325 - elektronische Pressearchive).

Es erscheint schon zweifelhaft, ob den in der "F-Zeitung" veröffentlichten Original-Buchrezensionen wettbewerbliche Eigenart zukommen kann, weil nicht ersichtlich ist, inwieweit hier einzelne Merkmale bestehen, die geeignet sind, interessierte Verkehrskreise auf eine bestimmte betriebliche Herkunft oder Besonderheiten hinzuweisen...

Dies ist aus Sicht der Kammer bei den ĂŒbernommenen Worten oder Wortfolgen indes nicht der Fall...

DarĂŒber hinaus liegen auch keine besonderen UmstĂ€nde vor, die das beanstandete Verhalten der Beklagten unlauter machen..."


(tg)

Quelle: PM 16/06 des LG Frankfurt a.M. vom 23.11.2006

Hinsweis der Redaktion: Die Veröffentlichung der Entscheidung in MIR folgt. Das Urteil ist noch nicht rechtskrÀftig. Die KlÀgerin kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main einlegen.

Online seit: 23.11.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/457
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