Kurz notiert
Bundesgerichtshof
Bundesgerichtshof hebt Verbot der Werbung einer Brauerei für das Regenwaldprojekt auf - Verknüpfung der Förderung von Umweltprojekten mit Warenabsatz grundsätzlich zulässig - Kein allgemeines Transparenzgebot für Werbung im UWG.
BGH, Urteile vom 26. Oktober 2006 – Az. I ZR 33/04 und Az. I ZR 97/04
MIR 2006, Dok. 198, Rz. 1
1
Zur Sache
Der unter anderem für Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte auf Klagen von Wettbewerbsverbänden über die wettbewerbsrechtliche Beurteilung von zwei in den Jahren 2002 und 2003 auch im Fernsehen intensiv verbreiteter Werbekampagnen zu entscheiden, in denen die Brauerei Krombacher den Kunden versprochen hatte, für den Kauf eines Kasten Bieres 1 Quadratmeter Regenwald unter Einschaltung des World Wide Fund for Nature (WWF) nachhaltig zu schützen. Die Kläger halten diese Werbung wegen mangelnder Transparenz für wettbewerbswidrig, da sie keine Information enthalte, in welcher Form der Schutz gewährleistet werde. Zudem sehen sie in den konkreten Fällen einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot, weil die Beklagte vermutlich nur einen geringen Betrag von wenigen Cent spenden würde, mit dem ein nachhaltiger Schutz kaum erreicht werden könne.
Das Landgericht und das Berufungsgericht haben den auf Unterlassung gerichteten Klagen gegen die im Jahr 2002 erfolgte Werbung stattgegeben. Entsprechend hat das Landgericht auf die Klage gegen die vergleichbare Aktion im Jahr 2003 entschieden.
Entscheidung des BGH: Verknüpfung der Förderung von Umweltprojekten mit Warenabsatz grundsätzlich zulässig
Die Revision bzw. Sprungrevision der beklagten Brauerei hatten Erfolg und führten zur Aufhebung der angefochtenen Urteile und zur Zurückverweisung der Sachen an die Instanzgerichte.
Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass die Verknüpfung der Förderung des Umweltprojekts mit dem Warenabsatz grundsätzlich zulässig sei. Es bestehe bei dieser Form der Werbung auch keine allgemeine Pflicht, über die Art und Weise der Unterstützung oder die Höhe der Zuwendung zu informieren. Der Gesetzgeber habe sich im Rahmen der UWG-Reform ausdrücklich gegen ein allgemeines Transparenzgebot entschieden. Die Verpflichtung zu aufklärenden Angaben könne daher – wie in den Fällen der Wertreklame – nur dann angenommen werden, wenn andernfalls die Gefahr einer unlauteren Beeinflussung des Verbrauchers durch Täuschung über den tatsächlichen Wert des Angebots, insbesondere über den Wert einer angebotenen Zusatzleistung gegeben sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Soweit ein Unternehmer verspreche, ein bestimmtes Projekt zu unterstützen, bestehe der zusätzliche Kaufanreiz darin, dass der Verbraucher sich mit dem Kauf der Ware auch für das entsprechende Ziel engagieren könne. Wenn der Werbende nach Art und Umfang keine näher bestimmte Leistung versprochen habe, erwarte der Verbraucher deshalb nur, dass das werbende Unternehmen zeitnah überhaupt eine Sponsoringleistung erbringe und diese nicht so geringfügig sei, dass sie die werbliche Herausstellung nicht rechtfertige.
Die angegriffenen Werbemaßnahmen könnten daher nur unter dem Gesichtspunkt der irreführenden Werbung wettbewerbswidrig sein, wenn – wie von den Klägern behauptet - die beklagte Brauerei in ihrer Werbung zur Förderung des Regenwald-Projekts mehr versprochen als sie tatsächlich an Leistung erbracht habe und dadurch die berechtigten Erwartungen der Verbraucher in relevanter Weise enttäuscht worden seien. Da hierzu die Gerichte in den angefochtenen Entscheidungen keine bzw. keine ausreichenden Feststellungen getroffen hatten, wurden die Sachen an die Instanzgerichte zurückverwiesen.
(tg)
Quelle: PM Nr. 147/2006 des BGH vom 27.10.2006
Der unter anderem für Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte auf Klagen von Wettbewerbsverbänden über die wettbewerbsrechtliche Beurteilung von zwei in den Jahren 2002 und 2003 auch im Fernsehen intensiv verbreiteter Werbekampagnen zu entscheiden, in denen die Brauerei Krombacher den Kunden versprochen hatte, für den Kauf eines Kasten Bieres 1 Quadratmeter Regenwald unter Einschaltung des World Wide Fund for Nature (WWF) nachhaltig zu schützen. Die Kläger halten diese Werbung wegen mangelnder Transparenz für wettbewerbswidrig, da sie keine Information enthalte, in welcher Form der Schutz gewährleistet werde. Zudem sehen sie in den konkreten Fällen einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot, weil die Beklagte vermutlich nur einen geringen Betrag von wenigen Cent spenden würde, mit dem ein nachhaltiger Schutz kaum erreicht werden könne.
Das Landgericht und das Berufungsgericht haben den auf Unterlassung gerichteten Klagen gegen die im Jahr 2002 erfolgte Werbung stattgegeben. Entsprechend hat das Landgericht auf die Klage gegen die vergleichbare Aktion im Jahr 2003 entschieden.
Entscheidung des BGH: Verknüpfung der Förderung von Umweltprojekten mit Warenabsatz grundsätzlich zulässig
Die Revision bzw. Sprungrevision der beklagten Brauerei hatten Erfolg und führten zur Aufhebung der angefochtenen Urteile und zur Zurückverweisung der Sachen an die Instanzgerichte.
Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass die Verknüpfung der Förderung des Umweltprojekts mit dem Warenabsatz grundsätzlich zulässig sei. Es bestehe bei dieser Form der Werbung auch keine allgemeine Pflicht, über die Art und Weise der Unterstützung oder die Höhe der Zuwendung zu informieren. Der Gesetzgeber habe sich im Rahmen der UWG-Reform ausdrücklich gegen ein allgemeines Transparenzgebot entschieden. Die Verpflichtung zu aufklärenden Angaben könne daher – wie in den Fällen der Wertreklame – nur dann angenommen werden, wenn andernfalls die Gefahr einer unlauteren Beeinflussung des Verbrauchers durch Täuschung über den tatsächlichen Wert des Angebots, insbesondere über den Wert einer angebotenen Zusatzleistung gegeben sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Soweit ein Unternehmer verspreche, ein bestimmtes Projekt zu unterstützen, bestehe der zusätzliche Kaufanreiz darin, dass der Verbraucher sich mit dem Kauf der Ware auch für das entsprechende Ziel engagieren könne. Wenn der Werbende nach Art und Umfang keine näher bestimmte Leistung versprochen habe, erwarte der Verbraucher deshalb nur, dass das werbende Unternehmen zeitnah überhaupt eine Sponsoringleistung erbringe und diese nicht so geringfügig sei, dass sie die werbliche Herausstellung nicht rechtfertige.
Die angegriffenen Werbemaßnahmen könnten daher nur unter dem Gesichtspunkt der irreführenden Werbung wettbewerbswidrig sein, wenn – wie von den Klägern behauptet - die beklagte Brauerei in ihrer Werbung zur Förderung des Regenwald-Projekts mehr versprochen als sie tatsächlich an Leistung erbracht habe und dadurch die berechtigten Erwartungen der Verbraucher in relevanter Weise enttäuscht worden seien. Da hierzu die Gerichte in den angefochtenen Entscheidungen keine bzw. keine ausreichenden Feststellungen getroffen hatten, wurden die Sachen an die Instanzgerichte zurückverwiesen.
(tg)
Quelle: PM Nr. 147/2006 des BGH vom 27.10.2006
Online seit: 27.10.2006
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