Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
BGH, Urteil vom 13.01.2022 - I ZR 25/19
Inbox-Werbung II - Keine wirksame Einwilligung in eine Inbox-Werbung, wenn der Nutzer sich nur allgemein damit einverstanden erklärt Werbeeinblendungen zu erhalten
Richtlinie 2002/58/EG Art. 2 Satz 2 Buchst. h, Art. 13 Abs. 1; UWG § 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 3
Leitsätze:*1. Gemäß Art. 2 Satz 2 Buchst. d Satz 1 der Richtlinie 2002/58/EG ist "Nachricht" jede Information, die zwischen einer endlichen Zahl von Beteiligten über einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst ausgetauscht oder weitergeleitet wird (hier bejaht). Die Weiterleitung einer Nachricht an den Nutzer des E-Mail-Accounts kann insoweit dadurch erfolgen, die Nachricht infolge des durch den Nutzer mittels Einloggens vorgenommenen Aufrufs der Internetseite seines E-Mail-Accounts vom Betreiber des Adservers in Echtzeit in die Inbox der E-Mail-Accountseite übermittelt und dort dem Nutzer dieses E-Mail-Accounts angezeigt wurde.
2. Die Verbreitung einer werblichen Information unter Verwendung elektronischer Post im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG, Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG liegt auch dann vor, wenn die Werbenachricht aus der Sicht des Adressaten in der Inbox des Nutzers des E-Mail-Systems, das heißt in einem normalerweise privaten E-Mails vorbehaltenen Bereich, angezeigt wird (wird ausgeführt).
3. Eine wirksame Einwilligung in eine Inbox-Werbung (automatisierte Werbeeinblendung auf bestimmten dafür vorgesehenen Flächen in der E-Mail-Inbox des Nutzers), die eine Werbung unter Verwendung elektronischer Post im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG darstellt, liegt nicht vor, wenn der Nutzer, der eine unentgeltliche, durch Werbung finanzierte Variante eines E-Mail-Dienstes gewählt hat, sich allgemein damit einverstanden erklärt, Werbeeinblendungen zu erhalten, um kein Entgelt für die Nutzung des E-Mail-Dienstes zahlen zu müssen. Erforderlich ist vielmehr, dass der betroffene Nutzer vor einer Einwilligungserklärung klar und präzise über die genauen Modalitäten der Verbreitung einer solchen Werbung und insbesondere darüber informiert wird, dass Werbenachrichten in der Liste der empfangenen privaten E-Mails angezeigt werden.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 15.06.2022
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3186
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Bundesgerichtshof, MIR 2023, Dok. 073
Erben-Ermittlung - Unter den Begriff der "Angabe" im Sinne von § 5 Abs. 2 UWG können nicht nur Tatsachenbehauptungen, sondern auch Meinungsäußerungen fallen - zur Frage, wann die Mitteilung von Rechtsansichten von § 5 Abs. 1 UWG erfasst wird
OLG Köln, Urteil vom 16.12.2022 - 6 U 111/22, MIR 2023, Dok. 011
Amazons überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb bestätigt - Erste Entscheidung zu § 19a Abs. 1 GWB
Bundesgerichtshof, MIR 2024, Dok. 034
schlafbook.de - Der Anbieter eines Werbepartnerprogramms (hier Amazon) haftet nicht für Wettbewerbsverstöße durch einen Dritten bzw. selbstständigen Betreiber einer Internetseite, wenn keine Vorgaben über das Ob und Wie der Werbung gemacht wurden
OLG Köln, Urteil vom 11.02.2022 - 6 U 84/21, MIR 2022, Dok. 016
Eingang beim Gericht bei Übermittlung via beA - Ein über das beA eingereichtes Dokument ist wirksam beim zuständigen Gericht eingegangen, wenn es auf dem Empfänger-Intermediär für dieses Gericht im Netzwerk für das EGVP gespeichert wurde
BGH, Beschluss vom 30.11.2022 - IV ZB 17/22, MIR 2022, Dok. 099