Rechtsprechung
Hanseatisches OLG, Beschluss vom 06.09.2010 - 3 W 81/10
Kerngleicher Verstoß bei veränderter Verletzungshandlung? - Die Änderung einer Wettbewerbshandlung unterfällt nicht mehr dem Verbotskern eines, auf die konkrete Verletzungsform beschränkten, Unterlassungstitels, wenn sich deren Gesamteindruck bezogen auf den Kern des Verbotstenors ändert.
ZPO § 890
Leitsätze:*1. Unter den Tenor eines Unterlassungstitels fallen zwar nicht nur identische Handlungen, sondern auch solche, die von dem wettbewerbswidrigen Kern der verbotenen Handlung nur geringfügig abweichen, ihr also praktisch gleichwertig sind. Eine Ausdehnung des Schutzbereichs eines Unterlassungstitels auf solche Wettbewerbshandlungen, die der verbotenen Handlung lediglich im Kern ähnlich sind, ist dagegen nach der Natur des Vollstreckungsverfahrens nicht möglich.
2. Bei Unterlassungstiteln, die eine konkrete Wettbewerbshandlung verbieten, können lediglich kosmetische Veränderungen der konkreten Verletzungsform (die Gegenstand des Verbots ist), die den Gesamteindruck der verbotenen Werbung aber nicht berühren, nicht aus dem Kernbereich des Verbots herausführen.
3. Wird eine Wettbewerbshandlung (hier: Werbemaßnahme) so verändert, dass sich deren Gesamteindruck bezogen auf den Kern eines auf die konkrete Verletzungsform beschränkten Verbotstenors ändert, unterfällt die Änderung nicht mehr dem Verbotskern des Unterlassungstitels. Dies gilt auch dann, wenn diese abgeänderte Form der betreffenden Handlung selbst wettbewerbswidrig ist. Die Wettbewerbswidrigkeit dieser Handlung kann insoweit nur in einem neuen Erkenntnisverfahren geprüft werden (mit Verweis auf Hanseatisches OLG, Beschluss vom 17.11.1989- 3 W 119/89).
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 13.01.2011
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2280
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Bundesgerichtshof, MIR 2019, Dok. 009
Quadratische Tafelschokoladenverpackung II - Das Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG bezieht sich auch auf Warenformen, die wesentliche funktionelle Eigenschaften aufweisen
BGH, Beschluss vom 23.07.2020 - I ZB 42/19, MIR 2020, Dok. 067
Nichtzulassungsbeschwerde und Zeugenbeweis - Im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist das Angebot auf Vernehmung eines Zeugen zur Glaubhaftmachung nicht geeignet
BGH, Beschluss vom 24.11.2022 - I ZR 25/22, MIR 2023, Dok. 017
Rasierscherkopf - Zur privilegierten Zeichenverwendung bei der Werbung für nicht-originale Ersatzteile
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 03.05.2022 - 6 W 28/22, MIR 2022, Dok. 056
Produktfotografien - Zu dem Erfordernis und den Anforderungen an einen hinreichenden Inlandsbezug bei Urheberrechtsverletzungen über ausländische Internetseiten
BGH, Urteil vom 05.12.2024 - I ZR 50/24, MIR 2025, Dok. 023