Rechtsprechung
OLG Koblenz, Urteil vom 17.06.2009 - 9 U 120/09
Zusendung von Waren trotz Widerruf – Der Versand von Waren an einen Verbraucher, obwohl dieser seine Bestellung vorher ausdrücklich widerrufen hat, ist wettbewerbswidrig.
UWG a. F. §§ 3, 7 Abs. 1, 2 Nr. 1; BGB § 241 a; Richtlinie 2005/29/EG Art. 5 Abs. 5 i.V.m. Anhang I Nr. 29 (UGP-Richtlinie); UWG § 3 Abs. 3
Leitsätze:*1. Der Versand von Waren an einen Verbraucher, obwohl dieser seine Bestellung vorher ausdrücklich widerrufen hat, ist wettbewerbswidrig.
2. Die Zusendung unbestellter Waren und die Erbringung unbestellter Dienstleistung dienen der Förderung des Absatzes dieser Waren und Dienstleistungen und sind als Werbung zu werten, die der angesprochene Marktteilnehmer erkennbar nicht wünscht. Eine solche Werbung stellt als sogenannte anreißerische Werbung eine unzumutbare Belästigung im Sinne von §§ 3, 7 Abs. 1, 2 Nr. 1 UWG a. F. dar. Zudem ist eine derartige Werbung auch durch Art. 5 Abs. 5 Richtlinie 2005/29/EG (UGP-Richtlinie) i.V.m Anhang I Nr. 29 (nunmehr umgesetzt in: § 3 Abs. 3 UWG n.F. i.V.m. Anhang Nr. 29) als unlautere Geschäftspraktik ausdrücklich verboten.
3. Ob die Versendung der Ware an einen Verbraucher trotz dessen ausdrücklichen Widerrufs auf einem Versehen des Versenders beruht ist für die Frage, ob darin ein Wettbewerbsverstoß liegt, unerheblich, da dieser kein Verschulden auf Seiten des (so werbenden) Unternehmers voraussetzt. Etwaige Ansprüche gemäß § 241a BGB sind für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung ohne Belang.
4. Da das Verbot unlauterer Geschäftspraktiken sowohl dem Schutz der Mitbewerber als auch den Verbrauchern und sonstigen Markteilnehmern dient, erfolgt deren – wettbewerbsrechtliche - Bewertung unabhängig vom konkreten Einzelfall.
Ohne Bedeutung für das Vorliegen eines Wettbewerbsverstoßes ist etwa der Einwand des Versenders unbestellter Waren, der Empfänger sei rechtskundig und könne daher mit der ihm unerwünscht zugesandten Ware richtig umgehen.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 04.01.2010
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2102
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
BGH, Urteil vom 05.12.2024 - I ZR 50/24, MIR 2025, Dok. 023
Keine entsprechende Anwendung von § 656 Abs. 1 BGB auf einen Online-Partnervermittlungsvertrag
Bundesgerichtshof, MIR 2021, Dok. 049
Neuausgabe - Zur Unangemessenheit einer AGB, die den Verlag eines juristischen Großkommentars berechtigten soll, die Zusammenarbeit mit einem Kommentator für eine Neuausgabe ohne sachlichen Grund und Mitteilung dessen abzulehnen
BGH, Urteil vom 20.12.2018 - I ZR 133/17, MIR 2021, Dok. 014
Pflichtverletzung durch Beteiligung an Preiskartell - Frage zur Geschäftsführerhaftung für Kartellbußgelder dem EuGH vorgelegt
Bundesgerichtshof, MIR 2025, Dok. 013
Payout Fee - Wettbewerbsrechtlicher Beseitigungsanspruch kann im geltenden System des kollektiven Rechtsschutz nicht (auch) die Rückzahlung zu Unrecht einbehaltener Geldbeträge an Verbraucher umfassen
Bundesgerichtshof, MIR 2024, Dok. 073