Rechtsprechung
LG Berlin, Beschluss vom 30.04.2009 - 96 O 60/09
Zur Rechtsmissbräuchlichkeit wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen, wenn trotz Vorliegens einer Honorarvereinbarung (deutlich höhere) tatsächlich nicht entstandene Aufwendungen in Höhe der Wertgebühren des RVG nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG geltend gemacht werden.
UWG § 8 Abs. 4, § 12 Abs. 1 Satz 2
Leitsätze:*1. Besteht zwischen dem Anspruchsberechtigten und seinem Rechtsanwalt für die Verfolgung wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche und den Ausspruch von Abmahnungen
eine Honorarvereinbarung und werden gleichwohl nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG die (hier: deutlich höheren) Wertgebühren des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG)
geltend gemacht, stellt dies ein starkes Indiz für ein Gewinnerzielungsinteresse des Abmahnenden selbst oder seines Rechtsanwalts und damit für eine
rechtsmissbräuchliche Anspruchsverfolgung im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG dar.
Nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG kann nur der Ersatz der tatsächlich entstandenen Aufwendungen verlangt werden.
2. Für die Annahme eines missbräuchlichen Vorgehens im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG ist ohne Belang, ob dem Abmahnenden (Auftraggeber) das Handeln seines Rechtsanwalts bekannt ist.
Im Rahmen von § 8 Abs. 4 UWG kommt es insofern nicht auf die subjektive Zielsetzung des Anspruchsberechtigten sondern auf die äußeren Umstände an. Die Vorschrift
differenziert nicht danach, ob das Handeln des Anspruchsberechtigten selbst auf Gewinnerzielung gerichtet ist oder ob er - wissentlich oder unwissentlich - einem
Dritten die Möglichkeit bietet, Gebühren zu erzielen.
3. Erfolgt die Geltendmachung eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG ist der Antrag auf
Erlass einer einstweiligen Verfügung unzulässig, da der Antragsteller nicht prozessführungsbefugt ist.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 19.05.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1956
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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