Rechtsprechung
KG Berlin, Urteil vom 26.09.2008 - 5 U 186/07
AdWords & Kennzeichenrecht - Erscheint nach Eingabe eines fremden Kennzeichens in einer Suchmaschine die Werbeanzeige Dritter deutlich gekennzeichnet und räumlich getrennt von der eigentlichen Trefferliste, liegt hierin kein kennzeichenmäßiger Gebrauch des betreffenden Kennzeichens durch den Werbetreibenden, wenn die Werbeanzeige das Kennzeichen nicht enthält.
MarkenG § 5 Abs. 2 Satz 1, Satz 2, § 14 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, § 15 Abs. 2, Abs. 4; UWG §§ 3, 4 Nr. 9b, Nr. 10, § 10
Leitsätze:*1. Erscheint nach der Eingabe eines fremden, geschützten Kennzeichens in einer Internet-Suchmaschine
durch Verbraucher die Werbeeinblendung Dritter (hier: Keyword-Advertising bzw. AdWords)
deutlich gekennzeichnet (hier: "Anzeigen") und räumlich getrennt von der eigentlichen Trefferliste
der Suchmaschine, liegt hierin regelmäßig kein relevanter kennzeichenmäßiger
Gebrauch des betreffenden Kennzeichens durch den Werbetreibenden, wenn die Werbeanzeige
das fremde Kennzeichen nicht enthält.
2. Es ist dem Durchschnitts-Internetnutzer bekannt, dass ein unternehmensmäßiger
Zusammenhang regelmäßig nicht gegeben ist, wenn eine, nach Eingabe eines geschützten Kennzeichens
in eine Internet-Suchmaschine eingeblendete und als solche
gekennzeichnete Werbung das gesuchte (Unternehmens-) Kennzeichen nicht enthält. Für
den Verbraucher besteht dann nicht der Anlass anzunehmen, die zur eigentlichen Trefferliste der
Suchmaschine beiläufige Werbung beziehe sich gerade auf das gesuchte (und gefundene) Unternehmen
oder Produkt. Für einen kennzeichenmäßigen Gebrauch fehlt es aber dann gerade an einer relevanten,
funktionalen Benutzung der fremden Kennzeichen. Diese bleiben dem Kennzeicheninhabern zugeordnet.
3. Die Eingabe des Suchbegriffs in eine Internet-Suchmaschine soll nach Vorstellung der
Nutzer nur zur Erstellung der eigentlichen Suchergebnisliste und der dortigen Auflistung
führen. Wird durch die Eingabe eines geschützten Zeichens eine keywordgestützte und als
solche gekennzeichnete Werbeanzeige generiert, macht sich der Werbende die Kraft
des Kennzeichens und die kennzeichenspezifische Lotsenfunktion nicht zu Nutze. Von
einem gezielten "Hinlenken" kann nicht gesprochen werden.
4. Wird ein Gattungsbegriff im Rahmen einer keywordgestützten Werbeanzeige (hier: AdWords) unter
Nutzung der Option "weitgehend passende Keywords" genutzt, mit der Folge das hierdurch
auch fremde Kennzeichen erfasst sein können, die diesen Gattungsbegriff enthalten, ist
ebenfalls ein kennzeichenmäßiger Gebrauch zu verneinen, wenn nicht auch der konkrete Anzeigentext
ein geschütztes Zeichen enthält.
5. Eine kennzeichenrechtliche Rufausbeutung im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG kommt
im Fall einer derartigen Werbeeinblendung in der Regel auch dann nicht in Betracht,
wenn das fremde Kennzeichen eine (geringe) originäre Kennzeichnungskraft und eine genügende
(hier: allenfalls schwache) Bekanntheit hat. Dies gilt jedenfalls, wenn ein eindeutiger
Bezug zwischen Suchwort und Werbeanzeige fehlt und die Trefferliste der Suchmaschine ein eher
diffuses Bild hinsichtlich des betreffenden Kennzeichens zeigt.
6. Zu wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen wegen Nutzung fremder Kennzeichen im
Rahmen des Keywordadvertising (hier: AdWords), wenn die Werbeeinblendungen in einer
Internetsuchmaschine deutlich gekennzeichnet, räumlich getrennt von der eigentlichen
Trefferliste ausgegeben werden und die Werbeanzeige das fremde Kennzeichen nicht enthält.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 19.11.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1808
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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