MIR-Newsletter

Der MIR-Newsletter informiert Sie regelmäßig über neue Inhalte in MEDIEN INTERNET und RECHT!

Schließen Abonnieren
MIR-Logo mobil

Logo MEDIEN INTERNET und RECHT
Logo MEDIEN INTERNET und RECHT

Rechtsprechung



KG Berlin, Urteil vom 09.09.2008 - 5 U 163/07

Fremde Kennzeichen & AdWords-Werbung - Im Rahmen einer AdWords-Werbung auf einer Internetsuchmaschine liegt ein kennzeichenmäßiger Gebrauch fremder, als Keyword genutzter, Kennzeichen nicht vor, wenn die Werbeeinblendungen räumlich getrennt von der eigentlichen Trefferliste als "Anzeigen" gekennzeichnet erscheinen und das fremde Kennzeichen nicht enthalten.

MarkenG § 5 Abs. 2 Satz 1, Satz 2, § 14 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, § 15 Abs. 2, Abs. 4; UWG §§ 3, 4 Nr. 9b, Nr. 10, § 10

Leitsätze:*

1. Im Rahmen einer AdWords-Werbung liegt ein kennzeichenmäßiger Gebrauch eines fremden Kennzeichens durch den Werbetreibenden regelmäßig nicht vor, wenn bei Eingabe des Kennzeichens als Suchbegriff in einer Internetsuchmaschine (hier: Google) die Werbeeinblendlungen Dritter - gemäß deren Vereinbarung mit dem Suchmaschinenbetreiber zur Schaltung von Werbung bei bestimmten "Schlüsselwörter" (Keywords) - räumlich getrennt von der Auflistung der Suchergebnisse in der eigentlichen Trefferliste der Suchmaschine und unter der Überschrift "Anzeigen" erscheinen (mit zahlreichen Verweisen auf die divergierende Rechtsprechung der Oberlandesgerichte).

2. Werbeeinblendungen insbesondere beim Aufsuchen und der Benutzung von Suchmaschinen erscheinen für den Internetnutzer eher willkürlich und zusammenhangslos und lassen nicht auf einen - irgendwie gearteten - Zusammenhang mit dem Suchbegriff schließen ("Lotsenfunktion des Kennzeichens"; BGH, Urteil vom 18.05.2006 - Az. I ZR 183/03 - Impuls = MIR 2006, Dok. 196). Dem Durchschnittsinternetnutzer ist aus der Nutzung von Suchmaschinen bekannt, dass ein unternehmensmäßiger Zusammenhang nicht besteht, wenn nicht auch die eingeblendete Werbung (bzw. deren Text) selbst das gesuchte Unternehmenskennzeichen enthält. Wird ein fremdes Kennzeichen als Keyword ("Schlüsselwort") für die Schaltung einer AdWords-Werbung genutzt, fehlt es damit an einer (relevanten, funktionalen) Benutzung des fremden Kennzeichens.

3. Durch die Nutzung eines fremdem Kennzeichens im Rahmen von AdWords-Werbung macht sich der Werbende auch nicht die "Kraft des Kennzeichens" zu Nutze und er nutzt auch nicht die kennzeichenspezifische Lotsenfunktion, die darin besteht, in einem großen Angebot gezielt zu den eigenen Waren und/oder Dienstleistungen hinzulenken. Denn die Eingabe des Suchbegriffs in einer Internetsuchmaschine soll nach Vorstellung des Nutzers zur Erstellung der Suchergebnisliste selbst und der dortigen Auflistung führen. Eine räumlich getrennte Werbeeinblendung schiebt sich hingegen nicht in diese Auflistung der Suchergebnisse ein, sondern erscheint regelmäßig nur beiläufig.

4. Zu wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen bei Nutzung fremder Kennzeichen im Rahmen einer AdWords-Werbung in Internetsuchmaschinen nach §§ 3, 4 Nr. 9b, Nr. 10, § 10 UWG (unlautere Rufausbeutung und unlauteres Abfangen von Kunden), wenn die Werbung räumlich getrennt und als "Anzeigen" bezeichnet von den eigentlichen Suchergebnissen angezeigt wird und die Werbung selbst die fremden Kennzeichen nicht enthält (hier: verneint).

5. Mit der Benutzungsaufnahme können Zeichen als besondere Bezeichnungen eines Erwerbsgeschäfts oder gewerblichen Unternehmens nur Schutz nach § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG erlangen, wenn sie auch über eine (originäre) Namensfunktion verfügen. Sie müssen wie die Firma das gewerbliche Unternehmen benennen oder als Geschäftsabzeichen i.S. des § 5 Abs. 2 Satz 2 MarkenG Verkehrsgeltung erlangen (BGH, Urteil vom 16.12.2004, Az. I ZR 177/02 - Räucherkarte; hier für "Zentrales Verzeichnis Antiquarischer Bücher" verneint).

6. Der Schutz des Unternehmenskennzeichens (§§ 5 Abs. 2, 15 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG) setzt ebenso wie § 14 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG die kennzeichenmäßige Verwendung der im konkreten Fall kollidierenden Bezeichnung voraus (vgl. BGH, Urteil vom 16.12.2004, Az. I ZR 177/02 - Räucherkarte). Die markenrechtlichen Voraussetzungen können entsprechend herangezogen werden. Erforderlich ist also der namensmäßige Gebrauch des streitgegenständlichen Zeichens in seiner Hauptfunktion, der Unterscheidung des Unternehmens von einem anderen.

MIR 2008, Dok. 297


Anm. der Redaktion: Ein besonderer Dank für den Hinweis auf die Entscheidung gilt Herrn RA Rolf Albrecht, Lünen (www.volke2-0.de).
Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 03.10.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1766

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
dejure.org StellenmarktAnzeige