Rechtsprechung
OLG Hamm, Urteil vom 19.06.2008 - 4 U 63/08
www.anwaltskanzlei-ortsname.de - In der bloßen Verknüpfung eines Gattungsbegriffs mit einem Ortsnamen als Internetdomain liegt noch keine Spitzenstellungsbehauptung, die eine wettbewerbswidrige Irreführung des Verkehrs begründen kann.
UWG § 2 Abs. 1 Ziff. 1, §§ 3, 8 Abs. 3 Nr. 1
Leitsätze:*1. Mit der Führung einer Domain der Form "anwaltskanzlei-ortsname.de" wird nicht behauptet, das den hierunter werbenden Rechtsanwälten
an dem betreffenden Ort eine Spitzenstellung zukommt. Eine wettbewerbswidrige Irreführung des Verkehrs liegt insofern nicht vor.
2. Eine Spitzenstellungsbehauptung setzt zumindest voraus, dass einer Bezeichnung der bestimmte Artikel vorangestellt wird,
weil bei dessen Betonung der jeweilige Geschäftsbetrieb gemäß dem allgemeine Sprachgewohnheiten als hervorgehoben erscheint.
Eine derartige Herausstellung leistet der Zusatz eines Ortsnamens grundsätzlich nicht. Der Zusatz eines Ortsnamens sagt auch
nichts über Kategorien wie "Zahl der Rechtsanwälte" oder eine bestimmte "Spezialisierung", die ein Irreführungspotential
beinhalten könnten.
3. Eine solche Spitzenstellungsbehauptung lässt sich insbesondere auch nicht dadurch begründen, dass eine Internet-Domain
(unter der jeweiligen Top-Level-Domain) nur einmal vergeben wird und andere Mitbewerber (hier: Rechtsanwälte) nicht mehr
die Möglichkeit der Registrierung und der Werbung mit der betreffenden Domain haben (vgl. dazu auch BGH NJW 2003, 504 -
rechtsanwälte-notar.de). Dem Verkehr ist bekannt, dass eine Domain nur einmal vergeben werden kann und das die Vergabe
grundsätzlich dem Prioritätsgrundsatz folgt. Der Verkehr weiß, dass die Vergabe einer Domain nichts darüber besagt, ob diese
Vergabe im Hinblick auf den Aussagegehalt der Domain zu Recht erfolgt ist.
4. Den Vorteil, den derjenige erlangt, der ein knappes Gut für sich sichern will, ist nicht
per se wettbewerbswidrig (hier: Platzierung in Internet-Suchmaschinen aufgrund der Verknüpfung von Ortsnamen und dem
Gattungsbegriff "anwaltskanzlei" in einer Internet-Domain).
5. Die Führung einer Domain (im geschäftlichen Verkehr, hier: für eine Anwaltskanzlei) stellt eine Wettbewerbshandlung gemäß
§ 2 Abs. 1 Ziff. 1 UWG dar, da damit Werbung betrieben wird, die darauf abzielt, den Verkehr für die Inanspruchnahme
von Leistungen (hier: der Kanzlei) zu gewinnen (vgl. dazu BGH NJW 2003, 504).
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 16.10.2008
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1776
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Bundesgerichtshof, MIR 2018, Dok. 024
Keine entsprechende Anwendung von § 656 Abs. 1 BGB auf einen Online-Partnervermittlungsvertrag
Bundesgerichtshof, MIR 2021, Dok. 049
Mitgliederstruktur - Für die Klagebefugnis eines Verbands (§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aF) kommt es grundsätzlich nicht darauf an, über welche mitgliedschaftlichen Rechte dessen - mittelbare oder unmittelbare - Mitglieder verfügen
BGH, Urteil vom 26.01.2023 - I ZR 111/22, MIR 2023, Dok. 025
AdBlock Plus - Anbieten und Nutzen des Browser-Plugin "AdBlock Plus" stellt keine Urheberrechtsverletzung betreffend die aufgerufenen Websites dar
OLG Hamburg, Urteil vom 24.08.2023 - 5 U 20/22, MIR 2023, Dok. 066
Ungefragt zitiert - Die Wiedergabe von fachlichen Äußerungen im Rahmen einer Produktwerbung ohne Zustimmung kann im Einzelfall zulässig sein
Oberlandesgericht Köln, MIR 2021, Dok. 088