Rechtsprechung
KG Berlin, Beschluss vom 10.08.2007 - 5 W 230/07
Verfügungsverbot bei Streit über Domainnamen - Dem Verletzer eines Namensrechts kann gem. § 12 BGB bzw. §§ 5, 15 MarkenG untersagt werden, die betreffenden Domainnamen auf Dritte zu übertragen.
BGB §§ 12, 249; MarkenG §§ 5, 15
Leitsätze:*1. Eine unberechtigte Namensanmaßung nach § 12 Satz 1 Fall 2 BGB liegt vor, wenn ein
Dritter unbefugt den gleichen Namen gebraucht, dadurch eine Zuordnungsverwirrung eintritt
und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt werden
(BGHZ 161, 216, 220 - Pro Fide Catholica; GRUR 2007, 259 Tz. 14 - solingen.info, m. w. N.; BGH
Urteil vom 08.02.2007 - Az. I ZR 201/03 - grundke.de). Diese Voraussetzungen sind im allgemeinen erfüllt,
wenn ein fremder Name als Domainname verwendet wird. Ein zu einer Identitätsverwirrung führender
unbefugter Namensgebrauch kann schon dann zu bejahen sein, wenn der Nichtberechtigte
den Domainnamen bislang nur hat registrieren lassen (BGH, GRUR 2002, 622 - shell.de; GRUR 2003, 897 - maxem.de;
BGH, Urteil vom 08.02.2007 - Az. I ZR 201/03 - grundke.de). Über die Zuordnungsverwirrung hinaus
wird auch ein besonderes, schutzwürdiges Interesse des Namensträgers beeinträchtigt,
wenn sein Name durch einen Nichtberechtigten als Domainname unter der in Deutschland üblichen
Top-Level-Domain ".de" registriert wird. Denn die den Berechtigten ausschließende Wirkung
setzt bei der Verwendung eines fremden Namens als Domainname bereits mit der Registrierung ein (BGH, a. a. O., maxem.de).
2. Es besteht zwar grundsätzlich kein Anspruch auf ein Umschreiben der bestehenden Registrierung
auf den Namensträger, weil bei einer Umschreibung möglicherweise dritte - berechtigte – Namensträger
von der Eintragung ausgeschlossen werden würden, die ansonsten prioritätsjüngere Registeransprüche
hätten geltend machen können (BGH a.a.O - shell.de). Es kann aber ein Anspruch dahin in Betracht
kommen, dass der Verletzer gegenüber der Registrierungsstelle einen Verzicht auf die verletzenden
Domainnamen zu erklären hat (BGH, a. a. O. - shell.de). Der Anspruch auf Verzichtserklärung setzt voraus,
dass der Verletzte gegenüber dem Verletzer die Verwendung des Namens in Alleinstellung beanspruchen kann,
dem Verletzer also kein Bereich einer zulässigen Nutzung des Domainnamens verbleibt (etwa: Recht der Gleichnamigen
oder Treuhandstellung des Verletzers für einen Gleichnamigen).
3. Für den Bereich der Top-Level-Domain ".de" kann sich zwar jeder Namensträger ohne Weiteres die
Priorität für den Domainnamen durch eine Dispute-Eintragung bei der DENIC sichern.
Im Bereich der Top-Level-Domain ".eu" ist dies nach den AGB der EurID aber nicht möglich,
sondern nur der Abschluss eines Schiedsvertrages (APR-Verfahren). Jedenfalls hierauf muss sich der
Verletzte aber nicht verweisen lassen.
4. Der Verletzer schuldet jedenfalls schadenersatzrechtlich aus dem Grundsatz der Naturalrestitution gemäß § 249 BGB, dass
er den Verletzten so stellt, als hätte er diesen registerlich nicht blockiert;
wobei sich diese Blockkadewirkung der ursprünglichen Registrierung des Verletzers - mit dessen Priorität -
auch bei einer Übertragung auf Dritte fortsetzt.
Dementsprechend kann dem Verletzer eines Namensrechts gem. § 12 BGB bzw. §§ 5, 15 MarkenG untersagt werden, die
betreffenden Domainnamen auf Dritte zu übertragen.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 03.09.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1352
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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