Rechtsprechung
LG Köln, Urteil vom 07.03.2007 - 26 O 77/05
"Opt-in" oder "Opt-out"? - Die Grenze zur Unfreiwilligkeit der Einwilligung in eine Datennutzung i.S.d. § 4a BDSG wird bei "Opt-out-Klauseln" dann überschritten, wenn diese nach ihrer Gestaltung für den Kunden unnötige Barrieren aufbauen, die ihn an der Versagung der Einwilligung hindern.
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1; BDSG § 4a Abs. 1 Satz 1
Leitsätze:*1. Gemäß § 4a Abs. 1 Satz 1 BDSG ist eine Einwilligung in eine Datennutzung nur wirksam, wenn sie auf einer
freien Entscheidung des Betroffenen beruht. Die Freiwilligkeit der Entscheidung kann allerdings nicht nur durch
eine sogenannte "Opt-in-Klausel" gewahrt werden, bei der die Einwilligung erst durch das Ankreuzen einer
Auswahlalternative mit "Ja" erteilt wird, sondern auch durch sogenannte "Opt-out-Klauseln", bei der die Einwilligung
als erteilt gilt, wenn der Kunde die Einwilligung nicht ausdrücklich durch das Ankreuzen einer Auswahlalternative versagt
(vgl. OLG München, MMR 2007, 47). Die bloße Gefahr, dass der Kunde die Klausel überlesen könnte und in diesem Fall die
Einwilligung als erteilt gilt, reicht nicht aus, um die Freiwilligkeit der Entscheidung in Frage zu stellen.
Bei der Beurteilung ist nämlich nicht auf den flüchtigen Verbraucher, sondern auf den situationsadäquat
aufmerksamen und sorgfältigen Kunden abzustellen, welcher derartige Klauseln nicht ungelesen akzeptieren würde.
2. Die Grenze zur Unfreiwilligkeit einer Einwilligung in eine Datennutzung i.S.d. § 4a BDSG wird bei "Opt-out-Klauseln
jedoch dann überschritten, wenn diese nach ihrer Gestaltung auch für den situationsadäquat aufmerksamen und sorgfältigen
Kunden unnötige Barrieren aufbauen, die ihn daran hindern, die Einwilligung in die Datennutzung ohne größere Schwierigkeiten
zu versagen.
3. Kann die Versagung der Einwilligung insofern nur durch das Ausstreichen der entsprechenden Klausel innerhalb eines
Vertragsformulars erfolgen (hier: wurde entsprechend formuliert "ggf. ganzen Absatz streichen"), wird für den Kunden
eine unnötige Hürde geschaffen, seine Versagung zum Ausdruck zu bringen. Das handschriftliche Ausstreichen einer mehrzeiligen
Klausel erzeugt erheblich höhere psychologische Widerstände, als dies bei dem simplen Ankreuzen eines Kästchens der Fall ist.
Allein die Überlegungen zum "Wie" der Versagung (im Hinblick etwa auf Art und Form des Ausstreichens) der Einwilligung überlagern
in einem solchen Fall die eigentlich vom Kunden zu treffende Entscheidung über das "Ob" der Versagung, was bei einer Gestaltung
der Klausel mit einem Kästchen zum Ankreuzen vermieden werden kann. Von einer freiwilligen Entscheidung des Kunden i.S.d. § 4a Abs. 1
BDSG kann aber dann nicht mehr die Rede sein.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 01.08.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1312
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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