Rechtsprechung // Datenschutzrecht
BGH, Urteil vom 28.01.2025 - VI ZR 109/23
Schadenersatz bei unberechtigter E-Mail-Werbung nicht zwingend - Zur Frage des immateriellen Schadens im Sinne des Art. 82 Abs. 1 DSGVO
DSGVO Art. 82 Abs. 1
Leitsätze:*1. Der Begriff des "immateriellen Schadens" ist in Ermangelung eines Verweises in Art. 82 Abs. 1 DSGVO auf das innerstaatliche Recht der Mitgliedstaaten autonom unionsrechtlich zu definieren. Dabei soll der Begriff des Schadens weit ausgelegt werden, in einer Art und Weise, die den Zielen dieser Verordnung in vollem Umfang entspricht (mit Verweis auf nach ErwG 146 Satz 3 DSGVO). Art. 82 Abs. 1 DSGVO steht einer nationalen Regelung oder Praxis entgegen, die den Ersatz eines immateriellen Schadens im Sinne dieser Bestimmung davon abhängig macht, dass der der betroffenen Person entstandene Schaden einen bestimmten Grad an Schwere oder Erheblichkeit erreicht hat (zu alledem: EuGH, Urteil vom 20.06.2024 - C-590/22 - PS GbR; BGH, Urteil vom 18.11.2024 - VI ZR 10/24, MIR 2024, Dok. 098 mwN).
2. Die Übersendung einer Werbe-E-Mail ohne Einwilligung des Betroffenen kann zwar einen Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung darstellen; dieser allein reicht aber nicht aus, um zugleich einen immateriellen Schaden im Sinne des Art. 82 Abs. 1 DSGVO zu begründen (vgl. EuGH, Urteil vom 11.04.2024 - C-741/21 - zur Direktwerbung per E-Mail trotz Widerspruchs).
3. Zwar kann schon der - selbst kurzzeitige - Verlust der Kontrolle über personenbezogene Daten einen immateriellen Schaden darstellen, ohne dass dieser Begriff des "immateriellen Schadens" den Nachweis zusätzlicher spürbarer negativer Folgen erfordert. Die betroffenen Person muss aber den Nachweis erbringen, dass sie einen solchen - d.h. etwa in einem bloßen Kontrollverlust als solchem bestehenden - Schaden erlitten hat (zu alledem: EuGH, Urteil vom 04.10.2024 - C-200/23, - Agentsia po vpisvaniyata; EuGH, Urteil vom 20.06.2024 - C-590/22 - PS GbR; BGH, Urteil vom 18.11.2024 - VI ZR 10/24, MIR 2024, Dok. 098 - mwN).
4. Zur Frage des immateriellen Schadens im Sinne des Art. 82 Abs. 1 DSGVO.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 02.03.2025
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3453
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Bundesgerichtshof, MIR 2017, Dok. 022
BLESSED - Ein Schriftzug auf der Vorderseite eines Hoodies kann vom Verkehr (nur) als dekoratives Element und nicht als Herkunftshinweis verstanden werden
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., MIR 2022, Dok. 054
Entscheidungscharakter - Keine divergierende Rechtsprechung und Divergenzzulassung bei abweichendem bloßen Hinweisbeschluss (hier betreffend: Verlinkung OS-Plattform)
BVerfG, Beschluss vom 20.11.2019 - 1 BvR 2400/17, MIR 2020, Dok. 033
Keine sich aufdrängende, mit geringfügigem Aufwand nutzbare Alternative - Zur Zumutbarkeit der Benutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA)
BGH, Beschluss vom 17.12.2020 - III ZB 31/20, MIR 2021, Dok. 010
Rechtsmissbräuchlicher Eilantrag - Das Verschweigen der Reaktion des Antragsgegners auf eine Abmahnung kann ein Indiz für einen Rechtsmissbrauch darstellen (Titelerschleichung)
OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 07.05.2024 - 6 W 37/24, MIR 2024, Dok. 061