Kurz notiert
Landgericht München I
Unterlassungsanspruch gegen Betreiber von "Usenet"-Server verneint - Zum Maßstab von Prüfungspflichten im Rahmen der Störerhaftung.
LG München I, Urteil vom 19.04.2007, Az. 7 O 3950/07
MIR 2007, Dok. 153, Rz. 1
1
Die für Urheberrechtsstreitigkeiten zuständige 7. Zivilkammer hat am 19.04.2007 den Antrag
auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Betreiber eines "Usenet"-Servers,
über den eine Raubkopie des Musikstücks "Das Beste" der Gruppe "Silbermond" angeboten
wurde, abgewiesen.
Prüfungsplichtverletzung nicht glaubhaft gemacht
Für die Kammer war nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass die Betreiber des Servers, die das Musikstück nicht selbst eingestellt hatten, jedenfalls ihre Prüfpflichten verletzt hatten und damit als "Störer" hafteten. Derartige Prüfpflichten können nur angenommen werden, wenn der mit ihnen verbundene Aufwand verhältnismäßig ist. Der Tonträgerhersteller, der die Rechte an dem Musikstück innehat und den Verfügungsantrag gestellt hatte, hatte nicht dargelegt, dass eine Filter-Software existiert, die auch die Mengen der im Usenet eingestellten Daten (ein Vielfaches der Daten, die in Internet-Auktionshäusern anfallen), verlässlich überprüfen kann. Eine händische Überprüfung hielt die Kammer erst recht nicht für zumutbar:
Maßstab für Prüfungspflichten: Leicht umgehbare mit erheblichem Aufwand verbundene Verhinderungsmaßnahmen sind unzumutbar.
"Der Diensteanbieter muss nicht jeden nur denkbaren Aufwand betreiben, um die Nutzung rechtswidriger Inhalte zu vermeiden. Vielmehr muss die Bedeutung des Einzelfalls und der erforderliche technische und wirtschaftliche Aufwand sowie die Auswirkungen auf andere Teile des Dienstes und andere Nutzer im Verhältnis zueinander gesehen werden. Hiernach sind Maßnahmen zur Verhinderung des Zugriffs auf fremde Inhalte dann als unzumutbar anzusehen, wenn sie einen erheblichen Aufwand erfordern, ihre Wirksamkeit jedoch durch einen Zugriff auf entsprechende Informationsangebote über andere Netzverbindungen mit einem vergleichsweise geringen Aufwand umgangen werden kann."
Im vorliegenden Fall war das Musikstück auf dem Server der Antragsgegner nur gespiegelt worden. Unbekannte Nutzer hatten es ursprünglich auf einem anderen Usenet-Server eingestellt. Insoweit verwies die Kammer darauf, dass selbst die Abschaltung des Servers der Antragsgegner die Raubkopie nicht verschwinden lassen würde, da diese über eine Vielzahl anderer Usenet-Server ebenfalls abgerufen werden kann.
Das Urteil ist am 19.04.2007 noch nicht rechtskräftig.
(tg) - Quelle: PM des LG München I vom 19.04.2007 Nr. 28/07
Prüfungsplichtverletzung nicht glaubhaft gemacht
Für die Kammer war nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass die Betreiber des Servers, die das Musikstück nicht selbst eingestellt hatten, jedenfalls ihre Prüfpflichten verletzt hatten und damit als "Störer" hafteten. Derartige Prüfpflichten können nur angenommen werden, wenn der mit ihnen verbundene Aufwand verhältnismäßig ist. Der Tonträgerhersteller, der die Rechte an dem Musikstück innehat und den Verfügungsantrag gestellt hatte, hatte nicht dargelegt, dass eine Filter-Software existiert, die auch die Mengen der im Usenet eingestellten Daten (ein Vielfaches der Daten, die in Internet-Auktionshäusern anfallen), verlässlich überprüfen kann. Eine händische Überprüfung hielt die Kammer erst recht nicht für zumutbar:
Maßstab für Prüfungspflichten: Leicht umgehbare mit erheblichem Aufwand verbundene Verhinderungsmaßnahmen sind unzumutbar.
"Der Diensteanbieter muss nicht jeden nur denkbaren Aufwand betreiben, um die Nutzung rechtswidriger Inhalte zu vermeiden. Vielmehr muss die Bedeutung des Einzelfalls und der erforderliche technische und wirtschaftliche Aufwand sowie die Auswirkungen auf andere Teile des Dienstes und andere Nutzer im Verhältnis zueinander gesehen werden. Hiernach sind Maßnahmen zur Verhinderung des Zugriffs auf fremde Inhalte dann als unzumutbar anzusehen, wenn sie einen erheblichen Aufwand erfordern, ihre Wirksamkeit jedoch durch einen Zugriff auf entsprechende Informationsangebote über andere Netzverbindungen mit einem vergleichsweise geringen Aufwand umgangen werden kann."
Im vorliegenden Fall war das Musikstück auf dem Server der Antragsgegner nur gespiegelt worden. Unbekannte Nutzer hatten es ursprünglich auf einem anderen Usenet-Server eingestellt. Insoweit verwies die Kammer darauf, dass selbst die Abschaltung des Servers der Antragsgegner die Raubkopie nicht verschwinden lassen würde, da diese über eine Vielzahl anderer Usenet-Server ebenfalls abgerufen werden kann.
Das Urteil ist am 19.04.2007 noch nicht rechtskräftig.
(tg) - Quelle: PM des LG München I vom 19.04.2007 Nr. 28/07
Online seit: 19.04.2007
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