Rechtsprechung
LG Berlin, Beschluss vom 19.12.2006 - Az. 15 O 1028/06
Mildere und dennoch der strafbewehrten Unterlassungserklärung gleich wirksame Mittel, mit denen sich ein Betroffener gegen weitere unverlangte E-Mail-Werbung von bestimmten Werbenden schützen könnte, sind grundsätzlich nicht erkennbar.
BGB § 823 Abs. 1, § 1004
Leitsätze:*1. Bei der Beurteilung von unverlangter Werbung per E-Mail (Spam) kann nicht die einzelne E-Mail, die der Betroffene von den
Werbenden erhalten hat, isoliert betrachtet werden. Denn es muss berücksichtigt werden, dass Werbung per E-Mail den
Keim zu einem immer weiteren Umsichgreifen in sich trägt (BGH NJW 2004, 1655 = GRUR 2004, 517 zur wettbewerbsrechtlichen
Beurteilung von E-Mail-Werbung). Ohne Einschränkungen der E-Mail-Werbung ist aufgrund ihrer Vorteilhaftigkeit für den
Werbenden mit einem Nachahmungseffekt bei denjenigen Mitbewerbern zu rechnen, die bislang nicht mittels E-Mail geworben
haben, sich aus Wettbewerbsgründen jedoch hierzu gezwungen sehen.
2. Art. 12 GG steht dem Verbot unaufgeforderter E-Mail-Werbung nicht entgegen. Denn durch die Untersagung wird nicht die
Ausübung eines Gewerbes untersagt, sondern lediglich eine bestimmte Art der Übermittlung von Werbung.
3. Mildere und dennoch der strafbewehrten Unterlassungserklärung gleich wirksame Mittel, mit denen sich ein Betroffener
gegen weitere unverlangte E-Mail-Werbung von bestimmten Werbenden schützen könnte, sind grundsätzlich nicht erkennbar.
Geben die Werbenden im konkreten Fall die geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht ab, reagieren sie nicht
in adäquater Weise auf das Bemühen des Betroffenen um eine außerprozessuale Regelung.
4. Auch bei deliktsrechtlichen Unterlassungsansprüchen ist in der Regel nur die strafbewehrte Unterlassungserklärung geeignet,
die Wiederholungsgefahr auszuräumen. Eine Abweichung von diesem Grundsatz ist nur bei Vorliegen erheblicher Umstände denkbar.
Selbst wenn die Werbenden als Folge einer Abmahnung etwa die (E-Mail) Adresse des Betroffenen gelöscht haben sollten, genügt
dies nicht zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr.
MIR 2007, Dok. 038
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 29.01.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/540
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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