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Rechtsprechung



OLG Karlsruhe, Urteil vom 26.05.2006 - Az. 14 U 27/05

Zur Reichweite einer stillschweigenden Einwilligung in Fernsehaufnahmen. Zum Geldentschädigungsanspruch wegen einer durch Presseveröffentlichungen bewirkten Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (hier: Recht am eigenen Bild). Art. 1, Art. 2 GG, § 823 Abs. 1 BGB, § 22 Satz 1 KUG

Leitsätze (amtl.):

GG Art. 1; Art. 2
BGB § 823 Abs. 1
KUG § 22 Satz 1

1. Wer erkennt, dass er von einem Kamerateam des Fernsehens gefilmt wird und dabei ohne Unwillen zu zeigen an ihn gerichtete Fragen beantwortet, willigt damit grundsätzlich auch in eine spätere Ausstrahlung der ihn zeigenden Fernsehaufzeichnungen ein.

2. Die stillschweigend erteilte Einwilligung des Betroffenen in die Ausstrahlung von ihm gefertigter Fernsehaufnahmen kann nur für die Verbreitung in einem Rahmen angenommen werden, der nicht in einem Missverhältnis zu der Bedeutung steht, die der Betroffene selbst in erkennbarer Weise der den Gegenstand der Fernsehaufnahme bildenden Thematik beilegt.

3. Werden Fernsehaufnahmen in einem Rahmen gesendet, der der Thematik nach der erkennbaren Einschätzung des Betroffenen nicht angemessen ist, so ist ihre Veröffentlichung von einer grundsätzlich erteilten Einwilligung nur dann gedeckt, wenn der Betroffene zuvor über die Einzelheiten der geplanten Verbreitung - insbesondere über das Niveau der Sendung und den Zusammenhang, in den der Beitrag gestellt werden sollte - unterrichtet worden war.

ergänzende Leitsätze (tg):

1. Eine durch Presseveröffentlichungen, d.h. auch die durch eine Berichterstattung in elektronische Medien, bewirkte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts kann zu einem gegen die Verletzer gerichteten und aus § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 und Art. 2 GG herzuleitenden Anspruch des Opfers auf Zahlung einer Geldentschädigung führen. Anspruchsgegner sind bei Fernsehsendungen der verbreitende Privatsender oder die verbreitende Sendeanstalt.

2. Voraussetzung für einen solchen Anspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 und Art. 2 GG ist, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt, wobei die Verantwortlichen ein Verschulden treffen muss und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Für die Beurteilung der Schwere des Eingriffs sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, dessen Anlass und der Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens maßgeblich.

3. Da im Hinblick auf die Natur einer Verletzung des Rechts am eigenen Bild anderweitige Ausgleichsmöglichkeiten nicht zur Verfügung stehen, ist ein Anspruch auf Entschädigung in Geld zuzubilligen.

4. Der Gesichtspunkt der Genugtuung und der Aspekt der nachhaltigen Beeinträchtigung durch die Ausstrahlung von Filmaufnahmen sowie der Grad des den Verletzer treffenden Verschuldens und die Hartnäckigkeit des Vorgehens sind im Einzelfall im Rahmen der Bemessung der Schadenshöhe zu berücksichtigen.

MIR 2006, Dok. 096



Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 11.07.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/311

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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