Rechtsprechung // Verfahrensrecht
BGH, Beschluss vom 11.05.2021 - VIII ZB 9/20
Elektronischer Rechtsverkehrs per beA - Zum Eingang eines über das beA eingereichten Dokuments bei Gericht und zu den anwaltlichen Sorgfaltspflichten bei der Übermittlung fristgebundener Schriftsätze auf diesem Weg
ZPO § 85 Abs. 2, § 130a Abs. 5 Satz 1 und 2, § 233 Satz 1, § 520 Abs. 2 Satz 1
Leitsätze:*a) Zum Eingang eines über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) eingereichten elektronischen Dokuments (hier: Berufungsbegründung) bei Gericht (§ 130a Abs. 5 Satz 1 ZPO; im Anschluss an BGH, Urteil vom 14. Mai 2020 - X ZR 119/18, WM 2021, 463 Rn. 8 ff.; Beschluss vom 25. August 2020 - VI ZB 79/19, NJW-RR 2020, 1519 Rn. 7).
b) Die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA entsprechen denen bei Übersendung von Schriftsätzen per Telefax. Auch hier ist es unerlässlich, den Versandvorgang zu überprüfen. Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung erfordert dabei die Kontrolle, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erteilt wurde. Hat der Rechtsanwalt eine solche Eingangsbestätigung erhalten, besteht Sicherheit darüber, dass der Sendevorgang erfolgreich war. Bleibt sie dagegen aus, muss dies den Rechtsanwalt zur Überprüfung und gegebenenfalls erneuten Übermittlung veranlassen (im Anschluss an BAG, Beschluss vom 7. August 2019 - 5 AZB 16/19, BAGE 167, 221 Rn. 20 mwN [zu der mit § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO gleichlautenden Vorschrift des § 46c Abs. 5 Satz 2 ArbGG]).
c) Versendet ein Rechtsanwalt fristwahrende Schriftsätze über das beA an das Gericht, hat er in seiner Kanzlei das zuständige Personal dahingehend anzuweisen, dass stets der Erhalt der automatisierten Eingangsbestätigung nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO zu kontrollieren ist. Er hat zudem diesbezüglich zumindest stichprobenweise Überprüfungen durchzuführen (im Anschluss an BAG, Beschluss vom 7. August 2019 - 5 AZB 16/19, aaO Rn. 23 mwN).
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 24.06.2021
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3092
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Bundesgerichtshof, MIR 2017, Dok. 016
7 x mehr - Zur Feststellung des Verkehrsverständnisses in Bezug auf eine angegriffene Werbeanzeige und zur Begründetheit eines Unterlassungsantrags in dem mehrere Verletzungsformen mittels "und/oder" miteinander verknüpft sind
BGH, Urteil vom 02.06.2022 - I ZR 93/21, MIR 2022, Dok. 055
Kontrollpflichten beim beA - Die automatisierte Eingangsbestätigung gemäß § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO muss auf ihren Bezug zu der Datei mit dem betreffenden (fristgebundenen) Schriftsatz überprüft werden
BGH, Beschluss vom 20.09.2022 - XI ZB 14/22, MIR 2022, Dok. 098
Datenschutzrechtliche Ansprüche - Mehrere Fragen zum Bestehen eines unionsrechtlichen Unterlassungsanspruchs und zum Begriff des immateriellen Schadens nach der DSGVO dem EuGH vorgelegt
Bundesgerichtshof, MIR 2023, Dok. 063
Papierspender - Der Schutzfähigkeit eines Erzeugnisses als (Gemeinschafts-)Geschmacksmuster steht es nicht entgegen, dass für dasselbe Erzeugnis ein technisches Schutzrecht beantragt oder erteilt wurde
BGH, Urteil vom 07.10.2020 - I ZR 137/19, MIR 2021, Dok. 001