Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht/Markenrecht
BGH, Beschluss vom 27.11.2014 - I ZR 16/14
KONDOME - Made in Germany - In der Angabe "Made in Germany" ist ein Hinweis auf die mit der Warenfertigung zusammenhÀngenden Produktionsschritte zu sehen
MarkenG §§ 126, 127; UWG § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1
LeitsĂ€tze:*1. Da der Verkehr das PhĂ€nomen der internationalen Arbeitsteilung kennt, erwartet er im Allgemeinen nicht, dass alle ProduktionsvorgĂ€nge am selben Ort stattfinden. Der Verkehr allerdings, dass industriell gefertigte Erzeugnisse ihre QualitĂ€t und charakteristischen Eigenschaften in aller Regel allein oder jedenfalls ganz ĂŒberwiegend der GĂŒte und Art ihrer Verarbeitung verdanken. Bei einem Industrieprodukt bezieht der Verkehr eine Herkunftsangabe deshalb grundsĂ€tzlich auf denjenigen Ort der Herstellung der Ware, an dem das Industrieerzeugnis seine fĂŒr die Verkehrsvorstellung maĂgebende QualitĂ€t und charakteristischen Eigenschaften erhĂ€lt.
2. FĂŒr die Richtigkeit der Angabe "Made in Germany" ist notwendig, aber auch ausreichend, dass die Leistungen in Deutschland erbracht worden sind, durch die das zu produzierende Industrieerzeugnis seine aus Sicht des Verkehrs im Vordergrund stehenden qualitĂ€tsrelevanten Bestandteile oder wesentlichen produktspezifischen Eigenschaften erhĂ€lt (vgl. BGH, Urteil vom 23.03.1973 - I ZR 33/72 - Ski-Sicherheitsbindung; OLG Frankfurt a.M., 13.12.1990 - 6 U 39/89 - Werbung mit West-Germany; OLG Stuttgart, OLG Stuttgart, Beschluss vom 10.11.1995 - 2 U 124/95; OLG DĂŒsseldorf, Urteil vom 05.04.2011 - I-20 U 110/10 - Produziert in Deutschland; OLG Köln, Urteil vom 13.06.2014 - 6 U 156/13 - Schmiedekolben "Made in Germany").
3. In der Angabe "Made in Germany" ist ein Hinweis auf die mit der Warenfertigung zusammenhĂ€ngenden Produktionsschritte zu sehen (mit Verweis auf: OLG Stuttgart, Beschluss vom 10.11.1995 - 2 U 124/95; OLG DĂŒsseldorf, Urteil vom 05.04.2011 - I-20 U 110/10 - Produziert in Deutschland; OLG Köln, Urteil vom 13.06.2014 - 6 U 156/13 - Schmiedekolben "Made in Germany").
Eine Deutung, nach der die Angabe "Made in Germany" wegen der damit regelmĂ€Ăig verbundenen Verkehrserwartungen an die QualitĂ€t und ZuverlĂ€ssigkeit des beworbenen Produkts (vgl. BGH, Urteil vom 26.04.1974 - I ZR 19/73 - Germany; OLG Frankfurt a.M., 13.12.1990 - 6 U 39/89 - Werbung mit West-Germany) als Garantie der Einhaltung deutscher QualitĂ€tsstandards, etwa durch die GewĂ€hrleistung von QualitĂ€tssicherungsmechanismen oder deutschen Produktsicherheitsvorschriften bzw. die Sicherung der QualitĂ€t nach inlĂ€ndischen MaĂstĂ€ben, angesehen wird, entfernt sich vom Wortsinn der Wendung "Made in...", die vom Verkehr als gelĂ€ufiger Anglizismus fĂŒr "hergestellt in..." verstanden wird und ĂŒblicherweise auf den Fertigungsprozess in Deutschland hinweist.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 10.03.2015
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2692
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