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Rechtsprechung



OLG Braunschweig , Urteil vom 12.07.2007 - 2 U 24/07

"bananabay" - Mit der Verwendung eines Kennzeichens als Schlüsselwort (Keyword) im Zusammenhang mit einer sog. "Adword-Werbung" wird dieses Zeichen markenmäßig gebraucht. Dabei ist ohne Bedeutung, ob das betreffende "Adword" für den Nutzer sichtbar ist.

MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5

Leitsätze:*

1. Von einem markenmäßigen Gebrauch ist auszugehen, wenn das Zeichen in der Weise verwendet wird, dass es im Rahmen des Produktabsatzes die gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen von Waren oder Dienstleistungen anderer Unternehmen unterscheidet. Dabei reicht die objektive, nicht fern liegende Möglichkeit aus, dass der Verkehr von einem Herkunftshinweis ausgeht.

2. Mit der Verwendung eines Kennzeichens als Schlüsselwort (Keyword) im Zusammenhang mit einer sog. "Adword-Werbung" wird dieses Zeichen markenmäßig gebraucht. Denn der Verwender macht sich damit die Funktion der Suchmaschine (hier: Google) zunutze, dass über die Eingabe einer bestimmten Bezeichnung in die Suchmaske ihre Produkte aufgefunden und dem Internetnutzer angezeigt werden können. Dabei macht es für die Feststellung einer kennzeichenmäßigen Benutzung keinen Unterschied, ob das von der Suchmaschine gefundene Ergebnis in der Trefferliste aufgeführt wird, so bei der Verwendung des Suchwortes als Metatag, oder im Anzeigenteil erscheint, weil das Suchwort als Schlüsselwort/Keyword benutzt wird. In beiden Fällen wird die eigentliche Funktion der Marke, über ihre kennzeichenspezifische Aussagekraft auf bestimmte Produkte aufmerksam zu machen bzw. zu diesen hinzuführen, genutzt. Lediglich die Ergebnispräsentation erfolgt abweichend.

3. Indem Produktanbieter fremde Marken als Schlüsselwort/Keyword benutzen und deshalb der Internetnutzer nach Eingabe des Wortes (hier: "bananabay") von einer Suchmaschine auf die Internetseite des Verwenders (Verletzers) hingewiesen wird, wird damit eine gedankliche Verknüpfung erzeugt, die den Eindruck entstehen lässt, dass dort Leistungen des Unternehmens des Markeninhabers gelistet werden, der Produkte unter dieser Marke führt. Damit macht sich der Verwender die von dem Markeninhaber aufgebaute Kraft der Marke und gerade die für Kennzeichnungen spezifische "Lotsenfunktion" zunutze, die genau darin besteht, in einem großen Angebot gezielt zu eigenen Waren/Dienstleistungen hinzulenken.

4. Für die Frage einer kennzeichenmäßigen Benutzung ist es ohne Bedeutung, ob das Verletzerwort auf der Webseite - für den Nutzer - sichtbar ist. Maßgeblich ist allein, dass mit Hilfe des Suchworts das Ergebnis des Auswahlverfahrens beeinflusst und der Nutzer auf diese Weise zu der entsprechenden Internetseite geführt wird. Das Suchwort dient dazu, den Nutzer auf das dort werbende Unternehmen bzw. deren Produkte hinzuweisen (so zu Metatags: BGH, Urteil vom 18.05.2006 – Az. I ZR 183/03 - WRP, 2006 1513 ff. – Impuls = MIR 2006, Dok. 196).

5. Im Rahmen des sog. "Adwords-Advertising" auf Ergebnisseiten von Internetsuchmaschinen (hier: Google) wird eine Verwechslungsgefahr nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil die die Anzeigen nicht in den Trefferlisten sondern gesondert in der Rubrik "Anzeigen" gelistet und damit extra gekennzeichnet optisch abgetrennt angezeigt werden. Aus der Kennzeichnung als Anzeige entnimmt der Nutzer nur, dass die Anzeige bei Eingabe des Suchwortes anders als die Treffer in der eigentlichen Trefferliste deshalb an dieser Stelle erscheint, weil dafür bezahlt worden ist. Insoweit besteht (rechtlich) kein Unterschied zur Verwendung von Metatags die zu einer Listung in der Trefferliste der Suchmaschine führen.

6. Eine unmittelbar nach Zugang des Abmahnschreibens (hier: 2 Tage) von dem potenziellen Verletzer erhobene negative Feststellungsklage kann nicht dazu führen, dass das dem Verletzten gesetzlich zugestandene Wahlrecht zwischen verschiedenen, örtlich zuständigen Gerichten eingeschränkt wird. Vielmehr bleibt es dem Verletzten unbenommen, im Rahmen der prozessualen Möglichkeiten seinen mutmaßlichen Unterlassungsanspruch durchzusetzen. Hierzu gehört es auch, dass er zunächst vorrangig im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes versucht, einen Titel zu erstreiten und sodann abwartet, ob der Verletzer sich einem solchen Titel mit einer Abschlusserklärung endgültig unterwirft oder zu einem späteren Zeitpunkt (hier: 3 Monate) Klage zur Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs geboten ist. Ein solches Verhalten entspricht vielmehr den durch das Gesetz eröffneten Möglichkeiten der Rechtsverteidigung und kann - weil gesetzeskonform - nie rechtsmissbräuchlich sein.

MIR 2007, Dok. 305


Download: Entscheidungsvolltext PDF


Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 16.08.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/1329

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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