Rechtsprechung
LG München I
Urteil vom 21.03.06 - Az. 33 O 22666/05 - (Domaingrabbing - Sittenwidrige Behinderung des Namensrechtinhabers durch planmäßige Suche nach und Registrierung von kurzfristig freigewordenen - bereits bekannt gemachten und eingeführten - Domains, die nach ihrer Form darauf schließen lassen, materiell-rechtlich mit Namens- oder Kennzeichenrechten Dritter behaftet zu sein, §§ 826,1004 BGB, §§ 3,8,12 UWG.)
Zum Inhalt:
Die Nutzung kurzfristig frei gewordener Domain-Adressen, die von Dritten eingeführt und bekannt gemacht wurden, für eigene
kommerzielle Zwecke ohne Rücksicht auf die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Dritten stellt eine vorsätzliche sittenwidrige
Schädigung dar und ist zu unterlassen. Die betroffenen Dritten haben Anspruch auf Ersatz ihrer Abmahnkosten, §§ 826 und 1004 BGB, §§ 3, 8, 12 UWG
Leitsätze (tg):
1. Der Gebrauch des Namens (hier eines Gemeindenamens) eines anderen zur Registrierung einer Domain stellt regelmäßig
eine Namensverletzung und damit die Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Namensrechtinhabers dar.
2. Im Rahmen des Domaingrabbings liegt jedenfalls dann eine sittenwidrige Behinderung vor, wenn die Domain-Registrierung
mit dem Ziel erfolgt, dem Zeicheninhaber die Nutzung dieser Bezeichnung (Domain) für eigene geschäftliche Zwecke unmöglich
zu machen oder wenn ein Spekulant ohne eigenes Nutzungsinteresse durch die Registrierung den Zeicheninhaber behindern
und/oder ihn dazu bringen will, die Domain anzukaufen oder Nutzungsentgelte zu zahlen.
3. Ein sittenwidrige Behinderung kann auch dann vorliegen, wenn freie bzw. (kurzfristig) frei gewordene Domains durch einen
Dritten registriert werden und unter der Domain Inhalte zur Verfügung gestellt werden, aus denen der Dritte Einnahmen
erzielt; obgleich auch nach einer entsprechenden Aufforderung, durch den materiell Berechtigten, die Domains vermeintlich
zurückübertragen werden.
4. Sittenwidrigkeit liegt insbesondere dann vor, wenn der Dritte ("Grabber") planmäßig nach frei gewordnen Domains sucht,
keine Vorkehrungen dafür trifft, dass marken- oder namensrechtlich geschützte Domains nicht registriert werden, - sondern
vielmehr gezielt Domains registriert, die nach ihrer Form darauf schließen lassen, dass es sich um den vollen bürgerlichen
Namen einer natürlichen Person, um einen Firmennamen oder um den Namen einer Vereinigung handelt - und den materiell Berechtigten
der insoweit registrierten Domains die Tatsache der Registrierung nicht mitteilt (hier: die "Rettung der Domain vor unberechtigtem
Zugriff").
MIR 2006, Dok. 053
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 19.04.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/268
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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