Kurz notiert // Markenrecht
Bundesgerichtshof
Frage zur Auskunftspflicht von Bankinstituten über Kontodaten bei Markenfälschungen EuGH vorgelegt.
BGH, Beschluss vom 17.10.2013 - I ZR 51/12; Vorinstanz: LG Magdeburg, Urteil vom 28.09.2011 - 7 O 545/11; OLG Naumburg, Urteil vom 15.03.2012 - 9 U 208/11
MIR 2013, Dok. 068, Rz. 1
1
Der Bundesgerichtshof hat dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Frage zur Vorabentscheidung (Art. 267 AEUV) vorgelegt, ob ein Bankinstitut eine Auskunft über Namen und Anschrift eines Kontoinhabers unter Hinweis auf das Bankgeheimnis verweigern darf, wenn über das Konto die Zahlung des Kaufpreises für ein gefälschtes Markenprodukt abgewickelt worden ist. Nach § 19 Abs. 2 Satz Nr. 3 MarkenG steht dem Markeninhaber
in Fällen offensichtlicher Rechtsverletzung oder in Fällen, in denen der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung gegen den Verletzer Klage erhoben hat, ein Auskunftsanspruch auch gegen eine (juristische) Person zu, die in gewerblichem Ausmaß für rechtsverletzende Tätigkeiten genutzte Dienstleistungen (hier: Zahlungsverkehr) erbracht hat.
Zur Sache:
Die Klägerin ist Lizenznehmerin für die Herstellung und den Vertrieb von Davidoff-Parfüms. Im Januar 2011 bot ein Verkäufer auf der Internetplattform eBay ein Parfüm unter der Marke "Davidoff Hot Water" an, bei dem es sich um eine Produktfälschung handelte. Als Konto, auf das die Zahlung des Kaufpreises erfolgen sollte, war bei eBay ein bei der beklagten Sparkasse geführtes Konto angegeben. Die Klägerin ersteigerte das Parfüm und zahlte den Kaufpreis auf das angegebene Konto. Nach Darstellung der Klägerin konnte sie nicht in Erfahrung bringen, wer Verkäufer des gefälschten Parfüms war. Sie hat deshalb die beklagte Sparkasse nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG auf Auskunft über Namen und Anschrift des Inhabers des Kontos in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, die beklagte Sparkasse sei aufgrund des Bankgeheimnisses zur Verweigerung der Auskunft berechtigt.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Vorlage an den EuGH zur Vorabentscheidung
Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs stellt der Vertrieb des gefälschten Parfüms eine offensichtliche Rechtsverletzung dar. Die beklagte Sparkasse habe durch die Führung des Girokontos, über das der Verkäufer den Zahlungsverkehr abgewickelt hat, auch eine für die rechtsverletzende Tätigkeit genutzte Dienstleistung in gewerblichem Ausmaß erbracht. Damit liegen die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG an sich vor, so der BGH. Die beklagte Sparkasse braucht die begehrte Auskunft aber nicht zu erteilen, wenn sie nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zur Verweigerung des Zeugnisses im Prozess berechtigt ist. Da § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG Art. 8 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums umsetzt, müsse das Recht zur Verweigerung der Auskunft indes durch die Richtlinie gedeckt sein. In Betracht komme insoweit Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie, der den Schutz der Vertraulichkeit von Informationsquellen und die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Gegenstand hat. Im Streitfall stelle sich daher die Frage, ob die Kontodaten, über die die Klägerin von der Sparkasse Auskunft verlangt, Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie unterfallen und - wenn dies der Fall sein sollte - ob gleichwohl im Interesse der effektiven Verfolgung von Markenverletzungen die Beklagte Auskunft über die Kontodaten geben muss. Da diese Frage die Auslegung von Unionsrecht betrifft, hat der Bundesgerichtshof sie dem EuGH zur Vorabentscheidung (Art. 267 AEUV) vorgelegt.
Schutzrecht vs. Bankgeheimnis: I. Zivilsenat sieht Schutzrecht vorne.
Der Bundesgerichtshof (I. Zivilsenat) hat erkennen lassen, dass aus seiner Sicht das Interesse an einer effektiven Verfolgung einer Schutzrechtsverletzung den Vorrang vor dem Interesse der Bank haben sollte, die Identität des Kontoinhabers geheimzuhalten.
(tg) - Quelle: PM Nr. 173/2013 des BGH vom 17.10.2013
Zur Sache:
Die Klägerin ist Lizenznehmerin für die Herstellung und den Vertrieb von Davidoff-Parfüms. Im Januar 2011 bot ein Verkäufer auf der Internetplattform eBay ein Parfüm unter der Marke "Davidoff Hot Water" an, bei dem es sich um eine Produktfälschung handelte. Als Konto, auf das die Zahlung des Kaufpreises erfolgen sollte, war bei eBay ein bei der beklagten Sparkasse geführtes Konto angegeben. Die Klägerin ersteigerte das Parfüm und zahlte den Kaufpreis auf das angegebene Konto. Nach Darstellung der Klägerin konnte sie nicht in Erfahrung bringen, wer Verkäufer des gefälschten Parfüms war. Sie hat deshalb die beklagte Sparkasse nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG auf Auskunft über Namen und Anschrift des Inhabers des Kontos in Anspruch genommen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, die beklagte Sparkasse sei aufgrund des Bankgeheimnisses zur Verweigerung der Auskunft berechtigt.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Vorlage an den EuGH zur Vorabentscheidung
Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs stellt der Vertrieb des gefälschten Parfüms eine offensichtliche Rechtsverletzung dar. Die beklagte Sparkasse habe durch die Führung des Girokontos, über das der Verkäufer den Zahlungsverkehr abgewickelt hat, auch eine für die rechtsverletzende Tätigkeit genutzte Dienstleistung in gewerblichem Ausmaß erbracht. Damit liegen die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG an sich vor, so der BGH. Die beklagte Sparkasse braucht die begehrte Auskunft aber nicht zu erteilen, wenn sie nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zur Verweigerung des Zeugnisses im Prozess berechtigt ist. Da § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG Art. 8 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums umsetzt, müsse das Recht zur Verweigerung der Auskunft indes durch die Richtlinie gedeckt sein. In Betracht komme insoweit Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie, der den Schutz der Vertraulichkeit von Informationsquellen und die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Gegenstand hat. Im Streitfall stelle sich daher die Frage, ob die Kontodaten, über die die Klägerin von der Sparkasse Auskunft verlangt, Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie unterfallen und - wenn dies der Fall sein sollte - ob gleichwohl im Interesse der effektiven Verfolgung von Markenverletzungen die Beklagte Auskunft über die Kontodaten geben muss. Da diese Frage die Auslegung von Unionsrecht betrifft, hat der Bundesgerichtshof sie dem EuGH zur Vorabentscheidung (Art. 267 AEUV) vorgelegt.
Schutzrecht vs. Bankgeheimnis: I. Zivilsenat sieht Schutzrecht vorne.
Der Bundesgerichtshof (I. Zivilsenat) hat erkennen lassen, dass aus seiner Sicht das Interesse an einer effektiven Verfolgung einer Schutzrechtsverletzung den Vorrang vor dem Interesse der Bank haben sollte, die Identität des Kontoinhabers geheimzuhalten.
(tg) - Quelle: PM Nr. 173/2013 des BGH vom 17.10.2013
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 17.10.2013
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2503
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