Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 25.11.2009 - VIII ZR 318/08
Verbraucherwiderrufsrecht bei wegen Sittenwidrigkeit nichtigen Fernabsatzverträgen - Dem Verbraucher steht, sofern nicht Treu und Glauben (§ 242 BGB) etwas anderes gebieten, ein Widerrufsrecht nach § 312d BGB auch dann zu, wenn der Fernabsatzvertrag nichtig ist.
BGB §§ 134, 138, 242, 312d, 355
Leitsätze:*1. Dem Verbraucher steht, sofern nicht Treu und Glauben (§ 242 BGB) etwas anderes gebieten, ein Widerrufsrecht nach § 312d BGB auch dann zu, wenn der
Fernabsatzvertrag nichtig ist.
2. Das Widerrufsrecht besteht auch bei einem wegen beiderseitiger Sittenwidrigkeit nichtigen Fernabsatzvertrag, der den Kauf eines Radarwarngeräts zum
Gegenstand hat (Fortführung des Senatsurteils vom 23. Februar 2005 - VIII ZR 129/04, NJW 2005, 1490).
3. Der Sinn des Widerrufsrechts bei einem Fernabsatzvertrag besteht darin, dem Verbraucher ein, nicht an materielle Voraussetzungen gebundenes sowie neben und
unabhängig von den allgemeinen Rechten bestehendes, einfach auszuübendes Recht zur einseitigen Lösung vom Vertrag in die Hand zu geben. Der Verbraucher hat
dementsprechend ein Wahlrecht, ob er einen Fernabsatzvertrag nach §§ 312d, 355 BGB mit der Rechtsfolge einer Rückabwicklung nach §§ 346 ff. BGB widerruft oder
ob er den Vertrag gegebenenfalls wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung gemäß §§ 119ff., 142 BGB anficht und sich damit für eine bereicherungsrechtliche
Rückabwicklung nach §§ 812 ff. BGB entscheidet. Unter dem Gesichtspunkt des bei einem Fernabsatzvertrag gebotenen Verbraucherschutzes und dem Schutzzweck
des Widerrufsrechts besteht indes kein Grund den Verbraucher schlechter zu stellen, wenn der Fernabsatz nicht anfechtbar, sondern nach §§ 134, 138 BGB nichtig ist.
4. Ein Ausschluss des Widerrufsrechts wegen unzulässiger Rechtsausübung (§ 242 BGB) kommt nur in Betracht, wenn eine besondere Schutzwürdigkeit des Unternehmers
gegeben ist; so etwa im Fall arglistigen Handelns des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer. Nicht ausreichend ist, wenn der Verbraucher den die Vertragsnichtigkeit
nach §§ 134, 138 BGB begründenden Umstand jedenfalls teilweise zu vertreten hat.
5. Der Kaufvertrag über den Erwerb eines Radarwarngeräts ist sittenwidrig und damit nach § 138 BGB nichtig, wenn der Kauf nach dem für beide Seiten
erkennbaren Vertragszweck auf eine Verwendung des Radarwarngeräts im Geltungsbereich der deutschen Straßenverkehrsordnung gerichtet ist (vgl.
BGH, Urteil vom 23.02.2005 - Az. VIII ZR 129/04).
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 17.01.2010
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2111
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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