Rechtsprechung
LG Koblenz, Urteil vom 20.12.2006 - Az. 12 S 128/06
Im Rahmen eines Haustürgeschäfts, muss die Belehrung über das Widerrufs- oder Rückgaberecht entsprechend § 312 Abs. 2 BGB auch dann auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB hinweisen, wenn die beiderseitigen Leistungen erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erbracht wurden.
BGB § 312, § 355, § 357, § 346 ff.; Anlage 2) zu BGB-InfoV § 14
Leitsätze:*1. Gemäß § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB ist zwar grundsätzlich eine Widerrufsfrist von zwei Wochen einzuhalten, die gemäß § 355 Abs.
2 Satz 1 BGB mit Aushändigung einer Widerrufsbelehrung beginnt. Dies gilt jedoch nur dann, wenn eine wirksame Belehrung
vorliegt. Anderenfalls beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen und das Widerrufsrecht kann noch bis zur Grenze der Verwirkung
ausgeübt werden.
2. Erfolgt eine Bestellung im Rahmen eines Haustürgeschäfts, muss die erforderliche Belehrung über das Widerrufs- oder Rückgaberecht
entsprechend der Regelung in § 312 Abs. 2 BGB auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB hinweisen.
3. Soweit in Anlage 2) zu § 14 BGB-InfoV unter Fußnote 4) zu der Belehrung über die Widerrufsfolgen ausgeführt ist, dass
ein Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB entfallen kann, wenn die beiderseitigen Leistungen erst nach
Ablauf der Widerrufsfrist erbracht wurden ("Dieser Absatz kann entfallen, wenn die
beiderseitigen Leistungen erst nach dem Ablauf der Widerrufsfrist erbracht werden..."), widerspricht diese Regelung ausdrücklich
der gesetzlichen Vorschrift in § 312 Abs. 2 BGB.
4. Die BGB-InfoV kann als nachrangiges Recht nicht die Regelungen des BGB außer Kraft setzen. In § 312 Abs. 2 BGB ist aber
ausdrücklich und ohne Einschränkung vorgeschrieben, dass bei Haustürgeschäften auch auf die Rechtsfolgen des § 357 BGB hinzuweisen
ist. Die Fußnote 4) der Anlage 2) zu § 14 BGB-InfoV verstößt gegen diese Anordnung und ist deshalb nichtig.
MIR 2007, Dok. 014
Das Gericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zu entscheidenden Rechtsfrage die Revision zugelassen.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 12.01.2007
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/516
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
OLG Nürnberg, Hinweisbeschluss vom 16.08.2022 - 3 U 747/22, MIR 2022, Dok. 057
Himalaya KönigsSalz - Zur Irreführung wegen einer (unzutreffenden) geografischen Herkunftsbezeichnung bei dem Angebot eines Steinspeisesalzes
OLG Köln, Urteil vom 08.04.2022 - 6 U 162/21, MIR 2022, Dok. 031
"Ciao" und "Ciao Mamma" nicht verwechslungsfähig
Oberlandesgericht Frankfurt a.M., MIR 2021, Dok. 057
Vertragsstrafenverjährung - Bei einem Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nach "Hamburger Brauch" beginnt die Verjährungsfrist nicht, bevor der Gläubiger die Höhe der verwirkten Vertragsstrafe festgelegt hat
BGH, Urteil vom 27.10.2022 - I ZR 141/21, MIR 2022, Dok. 089
Gesetzlichkeitsfiktion nur bei unveränderter Übernahme - Die Schutzwirkung der Gesetzlichkeitsfiktion gemäß Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 2 EGBGB kommt dem Unternehmer nur bei unveränderter Übernahme der Muster-Widerrufsbelehrung zugute
BGH, Urteil vom 01.12.2022 - I ZR 28/22, MIR 2022, Dok. 023