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Rechtsprechung



OLG Hamburg, Urteil vom 4.05.2006 - Az. 3 U 180/04

Ein allgemeines Wissen des Betreibers einer Suchmaschine, dass Marken durch ein AdWords-Programm beeinträchtigt werden können, vermag eine die Störerhaftung begründende Prüfungspflicht nicht auszulösen. Eine Störerhaftung kommt nur bei der Verletzung von Prüfungspflichten in Betracht, welche frühestens nach Inkenntnissetzung von einem Rechtsverstoß denkbar sind.

Leitsätze:*

1. Voraussetzung der Störerhaftung ist zumindest, dass der vermeintliche Störer in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beigetragen hat.

2. Soweit der Verletzte nicht schlüssig vorträgt, dass der vermeintliche Störer (hier: eine bekannte Internetsuchmaschine im Rahmen eines AdWords-Programms) bei der Gestaltung eines Anzeigentextes für Onlineanzeigen oder aber zur Veröffentlichung dieser Anzeigen auf einer Internetseite (hier: die Internetseiten der Suchmaschine und Partnerseiten) einen willenlichen Ursachenbeitrag geleistet hat, kann eine Störerhaftung noch nicht angenommen werden.

3. Allein aus dem Umstand, dass ein vemeintlicher Störer in ein Prozedere eingebunden ist, dass nach der Feststellung einer angeblichen Verletzung von Markenrechten zu deren Prüfung durchgeführt wird, kann nicht der Schluss gezogen werden, dass der vermeintliche Störer auch bei der Erstellung und Veröffentlichung von Onlineanzeigen und deren (rechtlichen) Überprüfung irgendeinen adäquat kausalen Beitrag geleistet hat.

4. Selbst wenn einem vermeintlichen Störer eine generell verantwortliche Stellung im Rahmen eines (unternehmensinternen) Kontrollverfahrens für Markenrechtsverletzungen zukommt, kommt eine Störerhaftung nicht in Betracht, soweit der vermeintliche Störer keine Kennntis (z.B. durch eine Abmahnung) von den betreffenden Rechtsverletzungen hat. Denn eine Störerhaftung kommt nur bei der Verletzung von Prüfungspflichten in Betracht, welche frühestens nach Inkenntnissetzung über einen (konkreten) Rechtsverstoß denkbar sind.

5. Ein allgemeines Wissen des Betreibers einer Internetsuchmaschine darüber, dass Marken durch ein von ihm betriebenes AdWords-Programm beeinträchtigt werden können, vermag eine die Störerhaftung begründende (allgemeine) Prüfungspflicht nicht auszulösen. Vielmehr ist eine umfassende Prüfungspflicht ohne konkreten Prüfungsanlass im Einzelfalls höchst zweifelhaft. Jedenfalls vermag allein das pauschale Wissen des vermeintlichen Störers um vorkommende Markenverletzungen ohne Einbindung in die Erstellung und Veröffentlichung von konkreten Anzeigen im Rahmen eines AdWords-Programms eine solch umfassende Prüfungspflicht nicht zu begründen.

MIR 2006, Dok. 163


Hinweis der Redaktion: AdWords beschreibt bezahlte Onlineanzeigen - insb. populär geworden und betrieben durch die Internetsuchmaschine "Google" -, die mit den jeweiligen Sucheingaben der Nutzer von Google oder den Inhalten der Internetseiten auf welchen die Anzeigen geschaltet werden assoziiert werden und somit zu einer relevanten Anzeigenschaltung führen sollen.
Download: Entscheidungsvolltext PDF


Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 19.09.2006
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/381

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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