MIR-Newsletter

Der MIR-Newsletter informiert Sie regelmäßig über neue Inhalte in MEDIEN INTERNET und RECHT!

Schließen Abonnieren
MIR-Logo mobil

Logo MEDIEN INTERNET und RECHT
Logo MEDIEN INTERNET und RECHT

Rechtsprechung // Urheberrecht



Oberlandesgericht Köln

Berliner Runde - Live-Weitersendung und öffentliche Zugänglichmachung einer Berichterstattung des ZDF über die Bundestagswahl im Rahmen von Bild TV rechtswidrig

OLG Köln, Urteil vom 21.10.2022 - 6 U 61/22

MIR 2022, Dok. 080, Rz. 1


1
Das Oberlandesgerichts Köln (6. Zivilsenat - Urteil vom 21.10.2022 - 6 U 61/22) hat im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahren die 13 minütige Live-Weitersendung der Funksendung "Berliner Runde" bzw. deren öffentliche Zugänglichmachung durch die Antragsgegnerinnen als urheberrechtswidrig beurteilt. Die Sendung betrifft die Berichterstattung über die Bundestagswahl am 26. September 2021.

Zur Sache:

Die Antragstellerin ist das Zweites Deutsches Fernsehen. Sie betreibt unterschiedliche mediale Angebote, darunter das bundesweit ausgestrahlte Fernsehprogramm ZDF. Die Antragsgegnerin zu 1 ist ein bundesdeutsches Medienunternehmen und als solches hundertprozentiges Tochterunternehmen der Antragsgegnerin zu 3, die ihrerseits ein großes europäisches Verlagshaus und Alleingesellschafterin der Antragsgegnerin zu 2 ist. Gegenstand der Antragsgegnerin zu 2 ist die Entwicklung, Erstellung, Verbreitung und Vermarktung von Multimedia-Inhalten auf unterschiedlichen Medienplattformen (hier: Bild TV).

Am Tag der Bundestagswahl strahlte die Antragstellerin im Rahmen ihres Fernsehprogramms u.a. die Wahlberichterstattung "Berliner Runde" aus, welche zwischen 20:15 und 21:15 Uhr gesendet wurde. Die ersten 13 Minuten der Sendung wurden auf dem von der Antragsgegnerin zu 1 betriebenen Fernsehsender zeitgleich zwischen 20:15 und 20:28 Uhr gezeigt und im Internet unter der URL https://www.textentfernt.html sowie über YouTube unter der URL https://www.youtube.com/textentfernt bereitgehalten.

Mit einstweiliger Verfügung vom 22.10.2021 hatte das Landgericht Köln der Antragsgegnerin zu 1 verboten, Ausschnitte der Funksendung "Berliner Runde“ der Antragstellerin ohne Zustimmung der Berechtigten zu senden und/oder senden zu lassen. Den Antragsgegnerinnen zu 2 und 3 hatte das Landgericht verboten, Ausschnitte der bezeichneten Funksendung ohne Zustimmung der Berechtigten öffentlich zugänglich zu machen und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen (14 O 354/21). Auf den gegen den Beschluss gerichteten Widerspruch der Antragsgegnerinnen hin hatte das Landgericht die einstweilige Verfügung mit am 03.03.2022 verkündeten Urteil (14 O 354/21) bestätigt.

Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln: Unterlassungsanspruch aus §§ 97, 87 Abs. 1 UrhG gegeben - Schrankenregelungen (§ 50 und 51 UrhG) nicht einschlägig

Die dagegen gerichtete Berufung der Antragsgegnerinnen hat das Oberlandesgericht Köln zurückgewiesen. Der Senat bejahte einen Unterlassungsanspruch der Antragstellerin aus §§ 97, 87 Abs. 1 UrhG bejaht. Die Antragsgegnerinnen hätten in die Rechte der Antragstellerin eingegriffen. Dies betreffe zunächst das Recht der Weitersendung; auch im Lichte an dem Sendesignal vorgenommener optischer Änderungen und eingeblendeter inhaltlicher Ergänzungen liege eine Weitersendung durch die Antragsgegnerin zu 1 vor. Seitens der Antragsgegnerinnen zu 2 und 3 sei ein Eingriff in das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung hinsichtlich des Senderechts der Antragstellerin erfolgt. Die Eingriffe seien auch rechtswidrig. Die Schrankenregelung der Berichterstattung über Tagesereignisse (§ 50 UrhG) und das Zitatrecht (§ 51 UrhG) führten hier zu keinem anderen Ergebnis. Die Berichterstattung der Antragsgegnerinnen betreffe schon nicht ein im Laufe eines Tagesereignisses wahrnehmbar gewordenes Werk, zudem habe sich der von der Antragstellerin beanstandete Eingriff in das Recht des Sendeunternehmens nicht in einem durch ihren Zweck gebotenen Umfang gehalten. Die Berichterstattung sei gemäß § 50 UrhG nur dann privilegiert, wenn sie verhältnismäßig sei. Hieran fehle es, da die 13-minütige Weitersendung auch unter Berücksichtigung des hohen Informationsinteresses der Öffentlichkeit nicht erforderlich gewesen sei. Vielmehr hätten ohne Verfehlung des Informationszwecks auch einzelne pointierte Aussagen der Politiker dargestellt werden können, auch wenn hierfür ein gewisser zeitlicher Versatz notwendig gewesen wäre. Das Zitatrecht nach § 51 UrhG streite nicht für die Antragstellerin, da der Umfang der Darstellung vom Zitatzweck nicht umfasst sei.

Das Urteil ist rechtskräftig.

(tg) - Quelle: PM Nr. 13/22 des OLG Köln vom 24.10.2022

Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 25.10.2022
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3223

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
dejure.org StellenmarktAnzeige