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Rechtsprechung // Wettbwerbsrecht



KG Berlin, Beschluss vom 08.09.2020 - 5 W 1023/20

Follower-Anzahl - Zur Streitwertbestimmung bei einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen Äußerung auf Instagram

GKG § 63 Abs. 3 Satz 2, § 68 Abs. 1; RVG § 32 Abs. 2 Satz 1

Leitsätze:*

1. Eine Follower-Anzahl von 225.000 bzw. 250.000 auf Instagram bleibt hinter der Anzahl der Follower von Influencern von großer Bedeutung zurück, die regelmäßig siebenstellig ist und spricht für sich nicht dafür, dass die Aktivitäten unter einem Instagram-Account dieser Größe tiefgreifende Auswirkungen auf das Wettbewerbsgeschehen haben (wird im Kontext ausgeführt).

2. Gemäß § 51 Abs. 2 GKG ist der Streitwert in Verfahren über Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb nach der sich aus dem Antrag des Klägers/Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Für die Bemessung ist somit in erster Linie das wirtschaftliche, eigene Interesse des Unterlassungsgläubigers an der Anspruchsverwirklichung maßgebend (BGH, Beschluss vom 26.04.1990 - I ZR 58/89 – Streitwertbemessung; BGH, Beschluss vom 15.09.2016 - I ZR 24/16 - Finanzsanierung).

3. Bei Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen ist das Interesse des Verbandes im Regelfall ebenso zu bewerten wie das eines gewichtigen Mitbewerbers (BGH, Beschluss vom 05.03.1998 - I ZR 185/95 - Verbandsinteresse).

4. Dieses Interesse ist nach der Gefährlichkeit (dem "Angriffsfaktor") der zu unterbindenden Handlung für den Wettbewerber anhand des drohenden Schadens (Umsatzeinbußen, Marktverwirrungs- und Rufschaden) zu bestimmen. Es hängt insbesondere von den Unternehmensverhältnissen bei dem Verletzer und dem Verletzten (Umsätze, Größe, Wirtschaftskraft, Marktstellung, Perspektiven), der Intensität des Wettbewerbs zum Verletzten (in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht), den Auswirkungen zukünftiger Verletzungshandlungen (Ausmaß, Intensität und Häufigkeit, indiziert durch die bereits begangene Verletzungshandlung), der Intensität der Wiederholungsgefahr (Verschuldensgrad, nachheriges Verhalten, Unterlassungspflichten gegenüber Dritten) sowie der Nachahmungsgefahr ab (vgl. nur KG, Beschluss vom 23.09.2002 - 5 W 106/02). Schließlich ist nach der Regelung in § 51 Abs. 3 Satz 1 GKG in wettbewerbsrechtlichen Verfahren der Streitwert angemessen zu mindern, wenn die Bedeutung der Sache für den Beklagten/Antragsgegner erheblich geringer zu bewerten ist als der nach Abs. 2 der eben genannten Norm ermittelte Streitwert.

5. Ein gewichtiges Indiz für die Schätzung des Interesses nach vorstehenden Grundsätzen bildet die Angabe des Streitwerts in der Klage- bzw. Antragsschrift; denn diese Angabe erfolgt grundsätzlich noch unbeeinflusst vom Ausgang des Rechtsstreits. Sie kann daher der Streitwertfestsetzung regelmäßig zugrunde gelegt werden, es sei denn, dass sich aus den Umständen die Fehlerhaftigkeit der Angabe ergibt. Die Streitwertangabe enthebt das Gericht daher nicht der Notwendigkeit, diese anhand der Aktenlage und sonstiger Gegebenheiten unter Berücksichtigung seiner Erfahrung und in vergleichbaren Fällen erfolgter Wertfestsetzungen selbständig nachzuprüfen (vgl. nur KG, Beschluss vom 09.04.2010 – 5 W 3/10). Diese Grundsätze geltend entsprechend für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, wobei nach der ständigen Rechtsprechung des Senats der Verfahrenswert gem. § 51 Abs. 4 GKG regelmäßig mit 2/3 eines entsprechenden Hauptsachverfahrenswertes bemessen werden kann (KG, Beschluss vom 22.10.2019 - 5 W 173/19, KG, Beschluss vom 26.11.2004 - 5 W 146/04).

MIR 2021, Dok. 052


Download: Entscheidungsvolltext PDF

Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 30.06.2021
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3093

*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.

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