Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
OLG München, Urteil vom 13.08.2020 - 29 U 1872/20
Abbestelltes Abschlussschreiben - Keine Kostenerstattung für ein Abschlussschreiben, wenn der Schuldner vor Ablauf der Wartefrist, mitteilt unaufgefordert innerhalb der Monatsfrist auf die Sache zurückzukommen
BGB §§ 677, 683, 670; ZPO § 517; UWG § 9
Leitsätze:*1. Die Funktion des Abschlussschreibens, der Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung, liegt darin, dass der Gläubiger Klarheit gewinnt, ob er noch Hauptsacheklage erheben muss, und der Schuldner die Möglichkeit erhält, durch fristgerechte Abgabe der Abschlusserklärung den Rechtsstreit endgültig zu beenden
2. Wird eine einstweilige Verfügung erlassen, so ist das kostenauslösende Abschlussschreiben nur erforderlich und entspricht nur dem mutmaßlichen Willen des Schuldners (§§ 677 BGB), wenn der Gläubiger dem Schuldner zuvor angemessen Zeit gewährt hat, um die Abschlusserklärung unaufgefordert von sich aus abgeben zu können. Außer dieser Wartefrist ist dem Schuldner eine Erklärungsfrist für die Prüfung zuzubilligen, ob er die Abschlusserklärung abgibt (vgl. BGH, Urteil vom 22.01.2015 - I ZR 59/14, MIR 2015, Dok. 053 - Kosten für Abschlussschreiben II; BGH, Urteil vom 30.03.2017 - I ZR 263/15 - BretarisGenuair). Danach muss dem Schuldner insgesamt ein der Berufungsfrist entsprechender Zeitraum zur Verfügung stehen, um zu entscheiden, ob er den Unterlassungsanspruch endgültig anerkennen will (BGH, Urteil vom 22.01.2015 - I ZR 59/14, MIR 2015, Dok. 053 - Kosten für Abschlussschreiben II).
3. Teilt der Schuldner vor Ablauf der angemessenen Wartefrist nach Zustellung einer einstweiligen Verfügung mit, dass er innerhalb der entsprechend § 517 ZPO für die Abschlusserklärung geltenden Monatsfrist unaufgefordert darauf zurückkommen werde, ob die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anerkannt werden wird und es eines Abschlussschreibens nicht bedürfe, sind die Kosten eines gleichwohl übersandten Abschlussschreibens weder nach §§ 677, 683, 670 BGB noch nach § 9 UWG ersetzbar.
4. Die Kosten für ein funktionsloses und damit überflüssiges Abschlussschreiben, das der Gläubiger dem Schuldner gegen dessen erklärten Willen aufdrängt, kann der Schuldner nicht gemäß §§ 677, 683, 670 BGB ersetzt verlangen.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 26.10.2020
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/3020
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Bundesgerichtshof, MIR 2022, Dok. 082
Vorwerk - Täuschung über die Identität des Anbieters eines Produkts ohne Herkunftstäuschung und Anbieterkreis eines Online-Marktplatzes als wesentliches Dienstleistungsmerkmal
BGH, Urteil vom 15.10.2020 - I ZR 210/18, MIR 2020, Dok. 083
Internet-Radiorecorder - Zur urheberrechtlichen Zulässigkeit des Anbietens und der Nutzung eines Internet-Radiorecorders
BGH, Urteil vom 05.03.2020 - I ZR 32/19, MIR 2020, Dok. 049
Vertragsdokumentengenerator - Zur Frage, ob und wann die Erstellung eines Vertragsentwurfs mithilfe eines digitalen Rechtsdokumentengenerators eine Rechtsdienstleistung in einer konkreten Angelegenheit ist (smartlaw)
BGH, Urteil vom 09.09.2021 - I ZR 113/20, MIR 2021, Dok. 077
Kumulative Informationspflichten zur Verbraucherstreitbeilegung - Die Informationen nach § 36 Abs. 1 VSBG sind auf der Website und bei deren Verwendung auch in den AGB zu erteilen
BGH, Urteil vom 22.09.2020 - XI ZR 162/19, MIR 2020, Dok. 080