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Kurz notiert // Telekommunikationsrecht



Oberlandesgericht Frankfurt a.M.

Mobilfunkkunden haben bei einer einseitig angekündigten Preiserhöhung immer ein Widerspruchsrecht - Androhung einer Anschlusssperre in Textform ausreichend

OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 09.04.2020 - 1 U 46/19; Vorinstanz: LG Frankfurt a.M., Urteil vom 14.02.2019 - 2/24 O 99/18

MIR 2020, Dok. 042, Rz. 1


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Bei einseitigen Preiserhöhungen durch den Mobilfunkanbieter sei den Kunden stets - etwa auch bei Preiserhöhungen unter 5 % - ein Widerspruchsrecht einzuräumen; entsprechend der Universaldiensterichtlinie stehe den Kunden stets ein Widerspruchsrecht zu (vgl. Art. 20 Abs. 2 Richtlinie 2009/136/EG) zu. Die Androhung einer Sperre für den Fall eines Zahlungsverzugs mit mindestens EUR 75,00 gemäß § 45k TKG kann auch in Textform erfolgen. Dies geht aus einem Urteil des entschied das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. vom 09.04.2020 (1 U 46/19) hervor.

Zur Sache:

Der Kläger ist der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), die Beklagte ist eine Mobilfunkanbieterin. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von zwei Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten.

Ziffer 7 der AGB berechtigt die Beklagte, "unbeschadet anderer gesetzlicher Vorschriften" den Anschluss zu sperren, wenn der Kunde mit einem Betrag von mindestens EUR 75,00 in Verzug ist und sie die Sperrung zwei Wochen vorher in Textform einschließlich eines Hinweises auf Rechtschutzmöglichkeiten angedroht hat. Nach Ziffer 9.6. kann der Kunde einer Preiserhöhung der Beklagten widersprechen, wenn die Erhöhung mehr als 5 % des bis zum Zeitpunkt der Erhöhung geltenden Preises beträgt. Der vzbv hält beide Klauseln für unwirksam.

Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte zur Unterlassung verurteilt, soweit es die Form der Androhung der Sperre (in Textform) und den Widerspruch des Kunden bei Preiserhöhungen betraf. Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hatte vor dem OLG teilweise Erfolg.

Entscheidung des Gerichts: Androhung der Anschlusssperre in Textform genügt

Zu Unrecht habe das Landgericht die Klausel beanstandet, wonach eine Sperre in Textform angedroht werden kann, so das Oberlandesgericht. Die einfache Textform sei hier nicht zu beanstanden. Mit dem Erfordernis der Textform gebe die Beklagte vielmehr die Rechtslage wieder, wie sie bei richtiger Auslegung des in § 45k TKG bestimmten Gebots, dass die Sperre "schriftlich" angedroht werden muss, ohnehin bestehe. "Schriftlich" bedeute nicht "Schriftform" im Sinne von § 126 BGB. Dies ergebe sich schon aus der Gesetzesgeschichte. Die Notwendigkeit der Androhung diene allein der Information des Kunden. Dieser Zweck werde durch eine papiergebundene Mitteilung ebenso sicher erfüllt wie durch eine auf einem elektronischen Datenträger dauerhaft verfügbare und lesbare Erklärung, insbesondere also durch eine E-Mail, so das Gericht.

Widerrufsrecht muss bei jeder einseitigen Änderung der Vertragsbedingungen gewährt werden - Widerspruchsrecht erst ab 5% Preiserhöhung unzulässig

Rechtswidrig sei es hingegen, dem Kunden im Falle einer Preiserhöhung ein Widerspruchsrecht erst ab einer Preiserhöhung über 5 % zu gewähren. Den Kunden müsse vielmehr bei jeder einseitigen Änderung der Vertragsbedingungen - hier in Form einer Preiserhöhung - ein Widerrufsrecht zugestanden werden. Dies folge aus der sogenannten Universaldiensterichtlinie (Art. 20 Abs. 2 Richtlinie 2002/22/EG in der Fassung Richtlinie 2009/136/EG). Auf die Frage, ob es sich um eine "wesentliche" Preiserhöhung handele, komme es damit nicht an. Im Übrigen könne auch eine Preiserhöhung von 5 % für manchen Kunden erheblich sein.

Der Senat hat wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zugelassen.

(tg) - PM Nr. 34/2020 des OLG Frankfurt a.M. vom 04.05.2020

Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 04.05.2020
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2983
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