Rechtsprechung // Markenrecht
BGH, Urteil vom 25.07.2019 - I ZR 29/18
ORTLIEB II - Zur Markenverwendung in Google-Anzeigen, die auch auf Produkte von Drittanbietern verweisen
MarkenG § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, Abs. 7, §§ 24, 30 Abs. 3 Satz 1; BGB §§ 677, 683
Leitsätze:*1. Der Inhaber einer Marke kann der Benutzung eines mit dieser identischen Zeichens für Waren oder Dienstleistungen, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist, nur widersprechen, wenn die Benutzung eine der Funktionen der Marke beeinträchtigen kann. Zu den Funktionen der Marke gehören neben der Hauptfunktion, der Gewährleistung der Herkunft der Ware oder Dienstleistung, auch deren anderen Funktionen wie etwa die Gewährleistung der Qualität der mit ihr gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung oder die Kommunikations-, Investitions- oder Werbefunktion (vgl. EuGH, Urteil vom 18.06.2009 - C-487/07, Slg. 2009, I-5185 - L'Oréal u.a.; EuGH, Urteil vom 23.03.2010 - C-236/08 bis C-238/08 - Google France und Google; EuGH, Urteil vom 08.07.2010 - C-558/08 Rn. 29 f. - Portakabin). Eine beeinträchtigende Benutzung des Zeichens liegt vor, wenn es durch Dritte markenmäßig oder - was dem entspricht - als Marke verwendet wird und diese Verwendung die Funktionen der Marke und insbesondere ihre wesentliche Funktion, den Verbrauchern die Herkunft der Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann (vgl. BGH, Urteil vom 15.02.2018 - I ZR 138/16 Rn. 25 - ORTLIEB I; BGH, Urteil vom 07.03.2019 - I ZR 195/17 Rn. 25 - SAM, jeweils mwN).
2. Die Frage, ob die herkunftshinweisende Funktion beeinträchtigt wird, wenn Internetnutzern anhand eines mit der Marke identischen Schlüsselworts die Werbeanzeige eines Dritten gezeigt wird, hängt davon ab, wie diese Anzeige gestaltet ist. Die herkunftshinweisende Funktion der Marke ist beeinträchtigt, wenn aus der Anzeige für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder vielmehr von einem Dritten stammen.
3. Der Umstand, dass der Wiederverkäufer neben Produkten des Markenherstellers auch Konkurrenzprodukte anbietet, steht einer Verwendung der Marke in der Werbung nicht entgegen, sofern die berechtigten Interessen des Markeninhabers gewahrt bleiben. Wird eine Marke in Anzeigen nach einer Google-Suche aufgrund der konkreten Gestaltung aber irreführend verwendet, so dass Kunden durch die auf diese Weise ausgebeutete Werbewirkung der Marke (auch) zum Angebot von Fremdprodukten geleitet werden, kann sich der Markeninhaber dieser Verwendung der Marke widersetzen (Fortführung von BGH, Urteil vom 28. Juni 2018 - I ZR 236/16, GRUR 2019, 165 Rn. 78 - keine-vorwerk-vertretung).
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 29.08.2019
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2932
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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