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Kurz notiert // Wettbewerbsrecht



Oberlandesgericht München

Adblock Plus zulässig - Kein Verstoß gegen Kartell-, Wettbewerbs- und Urheberrecht

OLG München, Urteil vom 17.08.2017 - U 2225/15 Kart; Vorinstanz: LG München I, Urteil vom 27.05.2015 - 37 O 11673/14
OLG München, Urteil vom 17.08.2017 - U 2184/15 Kart: Vorinstanz: LG München I, Urteil vom 27.05.2015 - 37 O 11843/14
OLG München, Urteil vom 17.08.2017 - 29 U 1917/16; Vorinstanz: LG München I, Urteil vom 22.03.2016 - 33 O 5017/15

MIR 2017, Dok. 033, Rz. 1


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Mit Urteil vom 17.08.2017 hat das OLG München in drei Parallelverfahren über die wettbewerbs-, kartell- und urheberrechtliche Zulässigkeit der Open Source-Software "Adblock Plus" entschieden. Die Software - ein für den Nutzer kostenloses Browser-Add-on - unterdrückt Werbeinblendungen auf Websites und Onlineangeboten.

Zur Sache:

Die Klageparteien (Süddeutsche Zeitung, ProSiebenSat.1 und die RTL-Tochter IP Deutschland) betreiben für die Nutzer kostenlose Internetseiten mit journalistischen Inhalten. Diesen Onlineauftritt finanzieren sie durch Werbung.

Die Beklagte - die Eyeo GmbH aus Köln - vertreibt seit dem Jahr 2011 die für den Nutzer unentgeltliche Open Source-Software "Adblock Plus". Die Software dient der Unterdrückung von Werbeeinblendungen beim Aufruf einer Internetseite. Dabei besitzt das Programm der Beklagten selbst keine eigene Filter-Funktionalität, sondern muss mit Vorgaben ergänzt werden, welche Inhalte blockiert werden sollen. Diese sind in sogenannten Filterlisten ("Blacklists") enthalten, die dem Nutzer standardmäßig vorgeschlagen werden. Die Software der Beklagten ist nach dem Download und der Installation so voreingestellt, dass nach bestimmten Kriterien als nicht störend eingestufte Werbung angezeigt werden kann ("Whitelist", sog. Acceptable Ads). Jeder Webseitenbetreiber hat die Möglichkeit, am "Whitelisting" der Beklagten teilzunehmen und seine Seiten von ihr freischalten zu lassen. Von Betreibern großer Webseiten und Angebotsportfolien verlangt die Beklagte dafür eine Lizenzzahlung.

Die Kläger haben die Ansicht vertreten und vorgetragen, dass der Einsatz der Software zu massiven Umsatzeinbußen führt, sie gezielt behindert und unlauter Druck auf sie ausübt, mit der Beklagten eine kostenpflichtige Vereinbarung über eine "Freischaltung" von Werbeinhalten abzuschließen.

Das Landgericht München I hat die Klagen, mit denen die Klageparteien wettbewerbs- und kartellrechtliche sowie urheberrechtliche Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzfeststellungsansprüche geltend gemacht haben, abgewiesen.

Entscheidung des Oberlandesgerichts München: AdBlock Plus rechtlich zulässig

Das Oberlandesgericht München hat die Berufungen zurückgewiesen.

Keine gezielte Behinderung - keine aggressive Werbung

Es hat die Auffassung des Landgerichts bestätigt, dass eine gezielte Behinderung nicht vorliegt. Darüber hinaus hat es das Geschäftsmodell der Beklagten nicht als verbotene aggressive Werbung qualifiziert.

Keine marktbeherrschende Stellung

Ein kartellrechtliches Verbot wurde nicht verhängt, weil die Beklagte nicht über eine marktbeherrschende Stellung auf dem Markt des Zugangs zu allen Internetnutzern für Werbung verfügt.

Keine Urheberrechtsverletzung

Die von einer der Klägerinnen geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche scheitern daran, dass die Verwendung von Werbeblockern durch die Nutzer nicht rechtswidrig ist. Denn indem die Klägerin den Nutzern den ungehinderten Zugang zu ihrem Internetauftritt bei Nutzung des Werbeblockers eröffnet lässt und lediglich die Bitte geäußert hat, auf die Verwendung von Werbeblockern zu verzichten, liegt aus der Sicht der Nutzer eine (schlichte) Einwilligung vor.

A.A. OLG Köln - Revision zugelassen

Wegen einer abweichenden Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln zu den wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen und Aspekten (vgl. OLG Köln, Urteil vom 24.06.2016 - I-6 U 149/15) wurde insoweit die Revision zugelassen. Das OLG Köln hatte - mit u.a. in der Literatur vielfach kritisch diskutierten Bergründung - in der "Whitelist"-Funktion von AdBlock Plus eine unzulässige aggressive Praktik im Sinne von § 4a Abs. 1 Satz 1 UWG erkannt; AdBlocker an sich demgegenüber allerdings als zulässig erachtet.

(tg) - Quelle: PM Nr. 3/17 des OLG München vom 17.08.2017

Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 17.08.2017
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2828
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