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Kurz notiert // Zivilrecht



Bundesgrichtshof

Jede smsTAN kostet EUR 0,10 - Zur (Un-) Wirksamkeit einer Preisklausel fĂĽr sogenannte smsTAN

BGH, Urteil vom 25.07.2017 – XI ZR 260/15; Vorinstanzen: LG Frankfurt a.M., Urteil vom 17.01.2013 – 5 O 168/12; OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 29.05.2015 – 10 U 35/13

MIR 2017, Dok. 030, Rz. 1


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Der Bundesgerichtshof (XI. Zivilsenat) hat mit Urteil vom 25.07.2017 (XI ZR 260/15) entschieden, dass die (vorformulierte) Klausel "Jede smsTAN kostet EUR 0,10 (unabhängig vom Kontomodell)" in Bezug auf Verträge über Zahlungsdienste zwischen einem Kreditinstitut und Verbrauchern unwirksam ist. Eine solche Klausel stelle - entgegen dem Gebot des § 675e Abs. 1 BGB und zum Nachteil des Zahlungsdienstnutzers - eine unzulässige Abweichung von den Vorgaben des § 675f Abs. 4 Satz 1 BGB ab.

Zur Sache

Der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, wendet sich mit der Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG gegen eine von der beklagten Sparkasse verwendete Preisklausel für smsTAN. Der Verband behauptet, die Beklagte verwende in ihrem Preisverzeichnis eine Klausel mit folgendem Wortlaut: "Jede smsTAN kostet 0,10 € (unabhängig vom Kontomodell)" und ist der Ansicht, diese Klausel verstoße gegen § 307 BGB. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung deren Verwendung gegenüber Privatkunden in Anspruch. Die Beklagte stellt demgegenüber zwar nicht in Abrede, eine Preisklausel für smsTAN zu verwenden, bestreitet aber, dass diese den vom Kläger behaupteten Wortlaut hat.

Die Klage blieb in beiden Vorinstanzen erfolglos. Das Oberlandesgericht hat eine Preisklausel mit dem vom Kläger behaupteten Wortlaut als nicht der AGB-Kontrolle unterliegende sogenannte Preishauptabrede eingeordnet und deshalb Feststellungen dazu, ob die Beklagte die beanstandete Klausel mit dem behaupteten Wortlaut in ihrem Preisverzeichnis tatsächlich verwendet, für entbehrlich erachtet.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Auf Revision des Klägers hat der Bundesgerichtshof das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Unterlassungsklage zulässig

Die Unterlassungsklage sei zulässig. Bei Klagen nach § 1 UKlaG müsse der Klageantrag die beanstandeten Bestimmungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Wortlaut enthalten, anderenfalls sei die Klage unzulässig. Sei streitig, ob eine vom Kläger beanstandete Klausel in dieser Fassung vom Beklagten tatsächlich verwendet wird, reiche es für die Zulässigkeit der Klage aus, wenn unter Angabe des zugrundeliegenden Lebenssachverhalts die Verwendung der bestimmten Klausel behauptet und deren konkreter Wortlaut im Klageantrag wörtlich wiedergegeben wird; ob die beanstandete Klausel in dieser Fassung tatsächlich Verwendung findet, sei demgegenüber eine Frage der Begründetheit der Klage. Das Klagevorbringen genüge vorliegend diese Zulässigkeitsvoraussetzungen.

Klausel unterliegt der Inhaltskontrolle

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unterliege die beanstandete Klausel (deren Verwendung mit dem vom Kläger behaupteten Wortlaut durch die Beklagte mangels entgegen stehender Feststellungen im Revisionsverfahren hier zunächst zu unterstellen war) gemäß § 307 Abs. 3 BGB der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB, weil sie eine von Rechtsvorschriften abweichende Regelung enthält.

Entgelt in Höhe von EUR 0,10 für jede TAN - unabhängig des tatsächlichen Einsatzes

Die Klausel sei aufgrund ihres einschränkungslosen Wortlauts ("Jede smsTAN...") so auszulegen, dass sie ein Entgelt in Höhe von EUR 0,10 für jede TAN vorsieht, die per SMS an den Kunden versendet wird, ohne dass es darauf ankommt, ob diese im Zusammenhang mit der Erteilung eines Zahlungsauftrages eingesetzt wird. Die Beklagte beansprucht danach etwa für jede TAN ein Entgelt, die zwar per SMS an den Kunden übersendet, von ihm aber z. B. auf Grund eines begründeten "Phishing"-Verdachts oder wegen der Überschreitung ihrer zeitlichen Geltungsdauer nicht verwendet wird. Ferner falle nach der Klausel ein Entgelt auch dann an, wenn die TAN zwar zur Erteilung eines Zahlungsauftrags eingesetzt werden soll, dieser aber der Beklagten wegen einer technischen Fehlfunktion gar nicht zugeht.

Abweichung von § 675 Abs. 4 Satz 1 BGB

Mit dieser ausnahmslosen Bepreisung von "smsTAN" weiche die Klausel von § 675f Abs. 4 Satz 1 BGB ab. Danach könne ein Zahlungsdienstleister zwar für die Erbringung eines Zahlungsdienstes das vereinbarte Zahlungsentgelt verlangen. Zu den Zahlungsdiensten, für die ein Entgelt erhoben werden kann, gehöre auch die Ausgabe von Zahlungsauthentifizierungsmitteln, wie es das Online-Banking mittels PIN und TAN darstellt. In diesem Rahmen könne die Ausgabe einer per SMS übersendeten TAN aber nur dann als Bestandteil der Hauptleistung mit einem Entgelt nach § 675f Abs. 4 Satz 1 BGB bepreist werden, wenn sie auch tatsächlich der Erteilung eines Zahlungsauftrages dient und damit als Teil des Zahlungsauthentifizierungsinstruments "Online-Banking mittels PIN und TAN" fungiert, weil von der Beklagten nur in diesem Fall ein entgeltpflichtiger Zahlungsdienst erbracht werde.

Abweichung zum Nachteil des Nutzers

Der danach eröffneten Inhaltskontrolle halte die Klausel nicht stand. Sie weiche entgegen dem Gebot des § 675e Abs. 1 BGB zum Nachteil des Zahlungsdienstnutzers von den Vorgaben des § 675f Abs. 4 Satz 1 BGB ab.

Das Berufungsgericht wird nun die bislang unterbliebenen Feststellungen dazu nachzuholen haben, ob die Beklagte die vom Kläger beanstandete Klausel "Jede smsTAN kostet EUR 0,10 (unabhängig vom Kontomodell)" tatsächlich verwendet.

(tg) - Quelle: PM Nr. 121/2017 des BGH vom 25.07.2017

Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Ch. Gramespacher
Online seit: 25.07.2017
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2825
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