Rechtsprechung // Wettbewerbsrecht
BGH, Urteil vom 23.10.2014 - I ZR 133/13
Keksstangen - Keine Erstbegehungsgefahr des Bewerbens, Anbietens, Vertreibens und Inverkehrbringens gegenüber inländischen Verbrauchern bei Präsentation eines nachgeahmten Produkts auf einer internationalen Fachmesse
UWG § 4 Nr. 9 Buchst. a, b, § 8 Abs. 1 Satz 2
Leitsätze:*1. Die Annahme einer Erstbegehungsgefahr setzt ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür voraus, dass der Anspruchsgegner sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten wird. Dabei muss sich die Erstbegehungsgefahr auf eine konkrete Verletzungshandlung beziehen. Die die Erstbegehungsgefahr begründenden Umstände müssen die drohende Verletzungshandlung so konkret abzeichnen, dass sich für alle Tatbestandsmerkmale zuverlässig beurteilen lässt, ob sie verwirklicht sind (vgl. BGH, Urteil vom 13.03.2008 - I ZR 151/05, MIR 2008, Dok. 266 - Metrosex; BGH, Urteil vom 22.04.2010 - I ZR 17/05, MIR 2010, Dok. 155 - Pralinenform II; BGH, Urteil vom 15.12.2011 - I ZR 129/10 - Einkauf Aktuell). Da es sich bei der Begehungsgefahr um eine anspruchsbegründende Tatsache handelt, liegt die Darlegungs- und Beweislast beim Anspruchsteller (BGH, Urteil vom 29.10.2009 - I ZR 180/07 - Stumme Verkäufer II).
2. Allein die Präsentation eines Erzeugnisses auf einer Messe reicht nicht in jedem Fall für die Annahme einer Erstbegehungsgefahr aus (vgl. für markenrechtliche Ansprüche BGH, Urteil vom 22.04.2010 - I ZR 17/05, MIR 2010, Dok. 155 - Pralinenform II).
3.
a) Eine Erstbegehungsgefahr des Bewerbens, Anbietens, Vertreibens und Inverkehrbringens gegenüber inländischen Verbrauchern folgt nicht ohne weiteres aus der Präsentation des Produkts (hier: Keksstangen) auf einer internationalen, ausschließlich dem Fachpublikum zugänglichen Messe.
b) Die bei einem Fachpublikum vorhandenen Kenntnisse der am Markt vertretenen Produkte, ihrer Gestaltung und ihrer Herkunft stehen auch im Hinblick auf nahezu identische Nachahmungsprodukte regelmäßig der Annahme einer unmittelbaren Verwechslung mit dem Originalprodukt und der irrtümlichen Annahme von geschäftlichen oder organisatorischen Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen entgegen, wenn die Produkte in Packungen mit gegenüber dem Originalprodukt deutlich unterschiedlichen Herkunftshinweisen vertrieben werden.
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Gramespacher
Online seit: 23.04.2015
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2707
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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