Kurz notiert // Wettbewerbsrecht
Oberlandesgericht Hamm
Vitalisierend - Werbung für alkoholfreies Bier mit unspezifischen gesundheitsbezogenen Angaben im Sinne der HCVO
OLG Hamm, Urteil vom 20.05.2014 - 4 U 19/14
MIR 2014, Dok. 076, Rz. 1
1
Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Urteil vom 20.05.2014 (4 U 19/14) entschieden, dass eine bekannte Privatbrauerei ihr alkoholfreies Bier nicht mit der Angabe "vitalisierend" bewerben darf, weil sie dem Begriff keine spezielle gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 10 Abs. 3 der VO (EG) Nr. 1924/2006 (Health Claim Verordnung - HCVO) beigefügt hatte.
Zur Sache
Die beklagte Privatbrauerei bewarb ihr alkoholfreies Bier im Jahr 2013 auf den Rückenetiketten und den Verpackungen von Sixpacks mit den Angaben "vitalisierend", "erfrischend" und "isotonisch" und bildete auf den Flaschenetiketten die durch den Boxsport bekannten Brüder Vitali und Wladimir Klitschko ab. Der Kläger - ein in München ansässiger Verein - hält diese Werbung mit dem Begriff "vitalisierend" für unzulässig. Die Werbung sei gesundheitsbezogen. Die Beklagte habe ihr aber insoweit keine spezielle gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCVO beigefügt.
Entscheidung des Gerichts: "Vitalisierend" unspezifische gesundheitsbezogene Angabe - spezielle gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCVO notwendig
Die Unterlassungsklage des Vereins hatte Erfolg. Das Oberlandesgerichts Hamm (4. Zivilsenat) hat der Beklagten die beanstandete Werbung für ihr alkoholfreies Bier mit dem Begriff "vitalisierend" untersagt, weil dieser Werbeaussage keine spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt worden war. Die streitgegenständlichen Werbung verstoße gegen Art. 10 Abs. 3 HCVO. Damit liege ein Wettbewerbsverstoß nach § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. Art. 10 Abs. 3 HCVO vor. Mit dem Begriff "vitalisierend" habe die Beklagte für ein Lebensmittel geworben. "Vitalisierend" sei allerdings eine unspezifische gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCVO. Der Bezug zur Gesundheit ergebe sich bereits aus dem Wortsinn. "Vitalisieren" stehe für "beleben" und "anregen". Für den Verbraucher bringe das Adjektiv "vitalisierend" eine Verbesserung des Gesundheitszustandes zum Ausdruck. Deswegen suggeriere die Beklagte, dass der Konsum ihres alkoholfreien Bieres eine Verbesserung des Gesundheitszustandes bewirke, wenn sie es mit der Angabe "vitalisierend" bewerbe. Dass der Ausdruck auch in Verbindung mit dem Werbeträger "Vitali" Klitschko verstanden werden könne, stehe dem nicht entgegen. "Vitalisierend" solle hier ebenfalls eine Produkteigenschaft beschreiben, was sich aus seiner Nennung in einem engen räumlichen Zusammenhang mit den Bezeichnungen "erfrischend" und "isotonisch" ergebe. Die Angabe "vitalisierend" sei unspezifisch im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCVO, weil sie sich nicht auf eine bestimmte zu fördernde Körperfunktion beziehe. Nach Art. 10 Abs. 3 HCVO seien derartige gesundheitsbezogene Angaben nur zulässig, wenn ihnen eine in der Liste nach Art. 13 oder 14 der HCVO enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt sei (sog. Kopplungsgebot). Die Vorschrift der HCVO sei anzuwenden, auch wenn die genannten Listen noch nicht vollständig vorlägen. Das alkoholfreie Bier der Beklagten enthalte nämlich Stoffe, die in den genannten Listen mit zulässigen gesundheitsbezogenen Angaben beschrieben würden.
Das Gericht hat die Revision zugelassen.
(tg) - Quelle: PM des OLG Hamm vom 17.06.2014; Entscheidungsgründe
Zur Sache
Die beklagte Privatbrauerei bewarb ihr alkoholfreies Bier im Jahr 2013 auf den Rückenetiketten und den Verpackungen von Sixpacks mit den Angaben "vitalisierend", "erfrischend" und "isotonisch" und bildete auf den Flaschenetiketten die durch den Boxsport bekannten Brüder Vitali und Wladimir Klitschko ab. Der Kläger - ein in München ansässiger Verein - hält diese Werbung mit dem Begriff "vitalisierend" für unzulässig. Die Werbung sei gesundheitsbezogen. Die Beklagte habe ihr aber insoweit keine spezielle gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCVO beigefügt.
Entscheidung des Gerichts: "Vitalisierend" unspezifische gesundheitsbezogene Angabe - spezielle gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCVO notwendig
Die Unterlassungsklage des Vereins hatte Erfolg. Das Oberlandesgerichts Hamm (4. Zivilsenat) hat der Beklagten die beanstandete Werbung für ihr alkoholfreies Bier mit dem Begriff "vitalisierend" untersagt, weil dieser Werbeaussage keine spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt worden war. Die streitgegenständlichen Werbung verstoße gegen Art. 10 Abs. 3 HCVO. Damit liege ein Wettbewerbsverstoß nach § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. Art. 10 Abs. 3 HCVO vor. Mit dem Begriff "vitalisierend" habe die Beklagte für ein Lebensmittel geworben. "Vitalisierend" sei allerdings eine unspezifische gesundheitsbezogene Angabe im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCVO. Der Bezug zur Gesundheit ergebe sich bereits aus dem Wortsinn. "Vitalisieren" stehe für "beleben" und "anregen". Für den Verbraucher bringe das Adjektiv "vitalisierend" eine Verbesserung des Gesundheitszustandes zum Ausdruck. Deswegen suggeriere die Beklagte, dass der Konsum ihres alkoholfreien Bieres eine Verbesserung des Gesundheitszustandes bewirke, wenn sie es mit der Angabe "vitalisierend" bewerbe. Dass der Ausdruck auch in Verbindung mit dem Werbeträger "Vitali" Klitschko verstanden werden könne, stehe dem nicht entgegen. "Vitalisierend" solle hier ebenfalls eine Produkteigenschaft beschreiben, was sich aus seiner Nennung in einem engen räumlichen Zusammenhang mit den Bezeichnungen "erfrischend" und "isotonisch" ergebe. Die Angabe "vitalisierend" sei unspezifisch im Sinne von Art. 10 Abs. 3 HCVO, weil sie sich nicht auf eine bestimmte zu fördernde Körperfunktion beziehe. Nach Art. 10 Abs. 3 HCVO seien derartige gesundheitsbezogene Angaben nur zulässig, wenn ihnen eine in der Liste nach Art. 13 oder 14 der HCVO enthaltene spezielle gesundheitsbezogene Angabe beigefügt sei (sog. Kopplungsgebot). Die Vorschrift der HCVO sei anzuwenden, auch wenn die genannten Listen noch nicht vollständig vorlägen. Das alkoholfreie Bier der Beklagten enthalte nämlich Stoffe, die in den genannten Listen mit zulässigen gesundheitsbezogenen Angaben beschrieben würden.
Das Gericht hat die Revision zugelassen.
(tg) - Quelle: PM des OLG Hamm vom 17.06.2014; Entscheidungsgründe
Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Gramespacher
Online seit: 21.06.2014
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2609
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