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Kurz notiert // Presserecht



Oberlandesgericht Karlsruhe

Zufälliges Bikinifoto neben Prominenten - Unterlassungsanspruch, aber nicht zwingend Geldentschädigung bei ungewolltem Lichtbild neben einer prominenten Person

OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.05.2014 - 6 U 55/13; Verfahrensgang: LG Karlsruhe, Urteil vom 16.04.2013 - 3 O 477/12

MIR 2014, Dok. 067, Rz. 1


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Mit Urteil vom 14.05.2014 (6 U 55/13) hat das Oberlandesgericht Karlsruhe den Unterlassungsanspruch (§ 22 KUG, § 823 Abs. 1 BGB) einer Frau bejaht, die auf dem Bild zu einem (Presse-) Bericht der BILD nur mit einem Bikini bekleidet zufällig neben einem bekannten Profifussballer abgebildet wurde. Ein Geldentschädigungsanspruch verneinte das Gericht demgegenüber im konkreten Fall.

Zur Sache

In der Printausgabe der BILD vom 10.05.2012 wurde in der Rubrik "Sport" von einem Raubüberfall auf einen bekannten Profifußballer berichtet. Unter der Überschrift "A. am Ballermann ausgeraubt" fand sich dabei der Text: "Sonne, Strand, Strauchdiebe. Gestern sahen wir ... Star A. in pikanter Frauen-Begleitung am Ballermann... Jetzt wurde er Opfer einer Straftat..." Bebildert war der Bericht unter anderem mit einer im Ausschnitt wiedergegebenen Fotografie, die den Fußballstar an einem öffentlichen Strand vor einer Abfalltonne zeigt. Im Hintergrund ist im rechten Bildrand eine Frau zu sehen, die auf einer Strandliege liegt und mit einem lilafarbenen Bikini bekleidet ist. Diese - die Klägerin - hat beantragt, die Verleger der Bildzeitung zu verurteilen, eine erneute Veröffentlichung des Bildes zu unterlassen und ihr eine angemessene Entschädigung zu bezahlen. Das Landgericht Karlsruhe hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte teilweise Erfolg.

Entscheidung des Gerichts: Unterlassung ja, Geldentschädigung nein

Das Oberlandesgericht hat der Klage hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs stattgegeben. Hinsichtlich des Anspruchs auf Entschädigung wurde die Klage abgewiesen.

Verletzung des Rechts am eigenen Bild und Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht

Durch die Veröffentlichung des Fotos habe die Beklagte das Recht der Klägerin am eigenen Bild (§ 22 KUG) verletzt und zugleich in das nach § 823 Abs. 1 BGB geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin eingegriffen.

Die Klägerin sei auf dem Foto identifizierbar abgebildet. Ohne ihre Einwilligung habe sie nicht zur Schau gestellt werden dürfen. Eine Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis bestehe zwar bei Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Nr. 1 KUG), wobei die Verbreitung des Bildnisses allerdings unzulässig sei, wenn berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt würden. Ein Ereignis von zeitgeschichtlicher Bedeutung betreffe die Berichterstattung hier allerdings nicht. Maßgeblich sei insoweit, ob ein durch ein echtes Informationsbedürfnis gerechtfertigtes Interesse der Allgemeinheit an der bildlichen Darstellung gerade des Betroffenen bestehe. Auch wenn man annehme, dass die Veröffentlichung einer Abbildung des Fußballprofis im Kontext des Berichts zulässig sei, sei damit noch nichts darüber gesagt, ob auch die Abbildung der Klägerin rechtmäßig sei. Da sie in keinerlei Beziehung zu dem Fußballspieler gestanden habe, lasse sich das öffentliche Interesse hiermit nicht begründen. Die Aufnahme zeige die Abgebildeten am Strand, mithin in ihrem Alltagsleben bei Tätigkeiten, die grundsätzlich dem privaten Bereich zuzurechnen seien. Ein allgemeines Interesse oder zeitgeschichtliches Ereignis ergebe sich auch nicht aus der dem Bild beigefügten Wortberichterstattung. Die Bildinschrift habe keinen Bezug zu der Klägerin.

Schutz der Privatsphäre genießt regelmäßig vorrang gegenüber dem bloßen Unterhaltungsinteresse der Öffentlichkeit

Selbst wenn man davon ausginge, dass sich der Ausnahmetatbestand auch auf unbekannte Personen beziehe, die zufällig mit relativen und absoluten Personen der Zeitgeschichte abgebildet würden, wäre bei der erforderlichen Interessenabwägung dem Interesse der Klägerin am Recht am eigenen Bild gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit der Vorrang einzuräumen. Das Interesse der Leser an bloßer Unterhaltung habe gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein geringeres Gewicht. Das unterstellte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Nachricht, dass der im Vordergrund abgebildete Fußballprofi gestern noch am Strand gewesen sei, dort vorbildlich seinen Abfall entsorgt habe und jetzt Opfer einer Straftat geworden sei, sei nicht von einem solchen Gewicht, dass dahinter der Schutz der Persönlichkeit der Klägerin zurücktreten müsse. Die Aufnahme zeige die Klägerin im Urlaub, der selbst bei Prominenten zum regelmäßig geschützten Kernbereich der Privatsphäre gehöre. Es sei der Beklagten als Presseunternehmen ohne weiteres möglich gewesen, die Klägerin durch Verpixelung oder Augenbalken unkenntlich zu machen. Dabei falle auch ins Gewicht, dass die Klägerin durch die Abbildung in Badebekleidung den Blicken des Publikums - hier eines Millionenpublikums - in einer deutlich intensiveren Weise preisgegeben werde als in anderen Situationen. Darüber hinaus könnten Teile der Leserschaft die Veröffentlichung auch zum Anlass für Spekulationen darüber nehmen, ob es sich bei der Klägerin um die in dem Artikel genannte "pikante Frauenbegleitung" handele.

Nicht nur "Beiwerk" neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit

Entgegen der Annahme des Landgerichts sei die Veröffentlichung auch nicht nach § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG gerechtfertigt. Hiernach dürfen Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erschienen, verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt werden. Dabei gehe es aber nur um Abbildungen, bei denen die Örtlichkeit den Gehalt des Bildes präge, so das Gericht. Eine entsprechende Anwendung dieser Ausnahmevorschrift komme ebenfalls nicht in Betracht, denn damit würden Personen, die rein zufällig mit einer prominenten Person abgebildet würden, ohne diese zu begleiten, schlechter gestellt als Begleitpersonen von prominenten Personen, bei denen nach der Rechtsprechung eine alltägliche Begleitsituation nicht ohne weiteres die Veröffentlichung eines Begleiterfotos rechtfertige.

Aber: Hier keine Geldentschädigung gerechtfertigt

Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin rechtfertige jedoch nicht die Zahlung einer Geldentschädigung. Regelmäßig werde ein solcher Anspruch nur dann gewährt, wenn über die Persönlichkeit an ihrer Basis verfügt werde, also etwa bei schweren Eingriffen in die Intim- und Privatsphäre oder bei unwahren Behauptungen von besonderem Gewicht für die Persönlichkeit oder bei gewichtiger Diffamierung in der Öffentlichkeit. Ein solch schwerwiegender Eingriff liege hier nicht vor. Das Foto sei am Strand aufgenommen worden und die Klägerin situationsadäquat gekleidet. Die Abbildung sei weder als anstößig noch als obszön zu beurteilen.

Das Gericht hat die Revision gegen die Entscheidung zugelassen.

(tg) - Quelle: PM des OLG Karlsruhe vom 20.05.2014

Bearbeiter: Rechtsanwalt Thomas Gramespacher
Online seit: 20.05.2014
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2600
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