Kurz notiert
Bundesgerichtshof
Teilweise verwirkt - Entscheidung im Streit zwischen der Hard Rock-Gruppe und dem "Hard Rock Cafe Heidelberg"
BGH, Urteil vom 15.08.2013 - I ZR 188/11 – Hard Rock Café; Vorinstanzen: OLG Karlsruhe, Urteil vom 14.09.2011 – 6 U 94/10; LG Mannheim, Urteil vom 07.05.2010 – 7 O 275/09
MIR 2013, Dok. 052, Rz. 1
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Das "Hard Rock Cafe Heidelberg" kann unter dieser Bezeichnung weiter betrieben werden, es dürfen dort aber keine mit dem international bekannten "Hard Rock Cafe-Logo" gekennzeichneten Artikel mehr verkauft werden. Die Ansprüche der Hard-Rock-Grupp gegen die Bezeichnung des heidelberger Cafes seien verwirkt, so der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 15.08.2013 (I ZR 188/11 – Hard Rock Café).
Zur Sache
Die Klägerin zu 1, die zur weltweit tätigen Hard Rock-Gruppe gehört, betreibt Hard Rock Cafes in Berlin, München und Köln. Die Klägerin zu 2 ist Inhaberin zahlreicher Wort- und Wort-/Bildmarken "Hard Rock Cafe". Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 3 ist, betreibt ein Restaurant unter der Bezeichnung "Hard Rock Cafe Heidelberg". Bei der Einrichtung und Ausstattung des Restaurants hatten sich seine Gründer bewusst an dem 1971 in London eröffneten "Hard Rock Cafe" orientiert. Jedenfalls seit 1978 verwendet die Beklagte zu 1 das typische kreisrunde Hard Rock-Logo der Klägerin zu 2 in Speise- und Getränkekarten sowie auf Gläsern. Sie benutzt die Wortfolge "Hard Rock Cafe" sowie das Logo als Eingangsschild, auf der Eingangstür und in den Fenstern ihres Restaurants und bietet Merchandising-Artikel an, die ebenfalls dieses Logo tragen. Die Klägerinnen meldeten erstmals Ende 1986 ihr Logo als Marke für Bekleidung in Deutschland an; ihr erstes deutsches Hard-Rock-Café wurde 1992 in Berlin eröffnet. Unmittelbar danach erwirkten die Klägerinnen eine einstweilige Verfügung gegen die Beklagte, nahmen aber den Antrag auf ihren Erlass nach Widerspruch der Beklagten zurück.
Mit der Klage im vorliegenden Verfahren wollen die Klägerinnen es den Beklagten verbieten lassen, unter der Bezeichnung "Hard Rock" und unter den Logos "Hard Rock Cafe Heidelberg" ein Restaurant zu betreiben oder zu bewerben, sowie Merchandising-Artikel mit dem Aufdruck "Hard Rock Cafe" zu vertreiben; außerdem sollen die Beklagten zu 2 und 3 auf bestimmte für sie registrierte Domainnamen mit dem Bestandteil "hardrock-cafe" verzichten. Schließlich möchten die Klägerinnen die Verurteilung der Beklagten zur Auskunfterteilung und Vernichtung von mit dem Hard-Rock-Logo versehenen Merchandising-Artikeln sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten erreichen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerinnen blieb ohne Erfolg.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Verwirkung der Ansprüche gegen die Bezeichnung des Cafes als "Hard Rock Cafe Heidelberg"
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs sind die Ansprüche gegen den Betrieb des Heidelberger Restaurants unter der Bezeichnung "Hard Rock" verwirkt, weil die Klägerinnen diese Firmierung nach Rücknahme des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mehr als 14 Jahre geduldet haben. Insoweit bestätigte der Bundesgerichtshof die Auffassung des Berufungsgerichts. Im Übrigen wurde das Berufungsurteil aufgehoben, der Klage hinsichtlich des Vertriebs konkret bezeichneter Merchandising-Artikel stattgegeben und die Sache im übrigen an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Verwirkung betrifft nur bestimmte, bereits begangene oder noch andauernde Rechtsverletzungen
Rechtsfolge der Verwirkung im Marken- und Lauterkeitsrecht sei allein, dass ein Markeninhaber seine Rechte wegen bestimmter, bereits begangener oder noch andauernder Rechtsverletzungen nicht mehr durchsetzen kann. Bei wiederholten, gleichartigen Verletzungshandlungen lasse jede Verletzungshandlung einen neuen Unterlassungsanspruch entstehen. Auch längere Untätigkeit des Markeninhabers könne insoweit kein berechtigtes Vertrauen darauf begründen, derartiges Verhalten werde weiterhin geduldet. Jedes Angebot und jeder Verkauf eines Merchandising-Artikels, jede neue Werbung und jeder neue Internetauftritt seien für die Frage der Verwirkung daher gesondert zu betrachten, so der Bundesgerichtshof.
Der Vertrieb der Merchandising-Artikel durch die Beklagten verletzte insoweit die Markenrechte der Klägerin zu 2. Er verstoße auch gegen das wettbewerbsrechtliche Irreführungsverbot. Dabei komme es nicht darauf an, dass die Beklagten den Vertrieb derartiger Produkte in Deutschland möglicherweise schon vor der Klägerin aufgenommen haben. Das Restaurant der Beklagten befinde sich in bester touristischer Lage Heidelbergs. Ein erheblicher Teil seiner Kunden seien ortsfremde Gäste, denen die Hard-Rock-Cafés der Klägergruppe bekannt seien, die aber nicht wissen, dass das Restaurant der Beklagten nicht dazu gehört. Diese Irreführung müsse die Beklagten unterbinden.
Über die weiteren Ansprüche der Klägerinnen konnte der Bundesgerichtshof nicht abschließend entscheiden. Insoweit werde es unter anderem darauf ankommen, ob die Beklagten für die Bezeichnung "Hard Rock Cafe Heidelberg" schon einen Schutz als Unternehmenskennzeichen im Raum Heidelberg erworben hatten, bevor für die Klägerin zu 2 Marken in Deutschland angemeldet worden sind. Soweit den Beklagten die weitere Verwendung der Logos "Hard Rock Cafe" zu gestatten sein sollte, müssten sie durch klarstellende Zusätze Verwechslungen mit den Restaurants der Klägerinnen ausschließen.
(tg) - Quelle: PM Nr. 136/2013 des BGH vom 15.08.2013
Zur Sache
Die Klägerin zu 1, die zur weltweit tätigen Hard Rock-Gruppe gehört, betreibt Hard Rock Cafes in Berlin, München und Köln. Die Klägerin zu 2 ist Inhaberin zahlreicher Wort- und Wort-/Bildmarken "Hard Rock Cafe". Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 3 ist, betreibt ein Restaurant unter der Bezeichnung "Hard Rock Cafe Heidelberg". Bei der Einrichtung und Ausstattung des Restaurants hatten sich seine Gründer bewusst an dem 1971 in London eröffneten "Hard Rock Cafe" orientiert. Jedenfalls seit 1978 verwendet die Beklagte zu 1 das typische kreisrunde Hard Rock-Logo der Klägerin zu 2 in Speise- und Getränkekarten sowie auf Gläsern. Sie benutzt die Wortfolge "Hard Rock Cafe" sowie das Logo als Eingangsschild, auf der Eingangstür und in den Fenstern ihres Restaurants und bietet Merchandising-Artikel an, die ebenfalls dieses Logo tragen. Die Klägerinnen meldeten erstmals Ende 1986 ihr Logo als Marke für Bekleidung in Deutschland an; ihr erstes deutsches Hard-Rock-Café wurde 1992 in Berlin eröffnet. Unmittelbar danach erwirkten die Klägerinnen eine einstweilige Verfügung gegen die Beklagte, nahmen aber den Antrag auf ihren Erlass nach Widerspruch der Beklagten zurück.
Mit der Klage im vorliegenden Verfahren wollen die Klägerinnen es den Beklagten verbieten lassen, unter der Bezeichnung "Hard Rock" und unter den Logos "Hard Rock Cafe Heidelberg" ein Restaurant zu betreiben oder zu bewerben, sowie Merchandising-Artikel mit dem Aufdruck "Hard Rock Cafe" zu vertreiben; außerdem sollen die Beklagten zu 2 und 3 auf bestimmte für sie registrierte Domainnamen mit dem Bestandteil "hardrock-cafe" verzichten. Schließlich möchten die Klägerinnen die Verurteilung der Beklagten zur Auskunfterteilung und Vernichtung von mit dem Hard-Rock-Logo versehenen Merchandising-Artikeln sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten erreichen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerinnen blieb ohne Erfolg.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Verwirkung der Ansprüche gegen die Bezeichnung des Cafes als "Hard Rock Cafe Heidelberg"
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs sind die Ansprüche gegen den Betrieb des Heidelberger Restaurants unter der Bezeichnung "Hard Rock" verwirkt, weil die Klägerinnen diese Firmierung nach Rücknahme des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mehr als 14 Jahre geduldet haben. Insoweit bestätigte der Bundesgerichtshof die Auffassung des Berufungsgerichts. Im Übrigen wurde das Berufungsurteil aufgehoben, der Klage hinsichtlich des Vertriebs konkret bezeichneter Merchandising-Artikel stattgegeben und die Sache im übrigen an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Verwirkung betrifft nur bestimmte, bereits begangene oder noch andauernde Rechtsverletzungen
Rechtsfolge der Verwirkung im Marken- und Lauterkeitsrecht sei allein, dass ein Markeninhaber seine Rechte wegen bestimmter, bereits begangener oder noch andauernder Rechtsverletzungen nicht mehr durchsetzen kann. Bei wiederholten, gleichartigen Verletzungshandlungen lasse jede Verletzungshandlung einen neuen Unterlassungsanspruch entstehen. Auch längere Untätigkeit des Markeninhabers könne insoweit kein berechtigtes Vertrauen darauf begründen, derartiges Verhalten werde weiterhin geduldet. Jedes Angebot und jeder Verkauf eines Merchandising-Artikels, jede neue Werbung und jeder neue Internetauftritt seien für die Frage der Verwirkung daher gesondert zu betrachten, so der Bundesgerichtshof.
Der Vertrieb der Merchandising-Artikel durch die Beklagten verletzte insoweit die Markenrechte der Klägerin zu 2. Er verstoße auch gegen das wettbewerbsrechtliche Irreführungsverbot. Dabei komme es nicht darauf an, dass die Beklagten den Vertrieb derartiger Produkte in Deutschland möglicherweise schon vor der Klägerin aufgenommen haben. Das Restaurant der Beklagten befinde sich in bester touristischer Lage Heidelbergs. Ein erheblicher Teil seiner Kunden seien ortsfremde Gäste, denen die Hard-Rock-Cafés der Klägergruppe bekannt seien, die aber nicht wissen, dass das Restaurant der Beklagten nicht dazu gehört. Diese Irreführung müsse die Beklagten unterbinden.
Über die weiteren Ansprüche der Klägerinnen konnte der Bundesgerichtshof nicht abschließend entscheiden. Insoweit werde es unter anderem darauf ankommen, ob die Beklagten für die Bezeichnung "Hard Rock Cafe Heidelberg" schon einen Schutz als Unternehmenskennzeichen im Raum Heidelberg erworben hatten, bevor für die Klägerin zu 2 Marken in Deutschland angemeldet worden sind. Soweit den Beklagten die weitere Verwendung der Logos "Hard Rock Cafe" zu gestatten sein sollte, müssten sie durch klarstellende Zusätze Verwechslungen mit den Restaurants der Klägerinnen ausschließen.
(tg) - Quelle: PM Nr. 136/2013 des BGH vom 15.08.2013
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 15.08.2013
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2487
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