Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 28.06.2012 - I ZR 110/11
Traum-Kombi - Pflicht zur Grundpreisangabe bei Lieferung von in Fertigpackungen verpackten Waren neben der Lieferung von zuzubereitenden Speisen.
UWG §§ 3, 4 Nr. 11, 5a Abs. 2, Abs. 4; PAngV § 2 Abs. 1, § 9 Abs. 4 Nr. 2 und 4
Leitsätze:*1. Bei § 2 Abs. 1 PAngV handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung, die ihre unionsrechtliche Grundlage in Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 98/6/EG hat und deren Verletzung daher ein nach § 4 Nr. 11 UWG unlauteres Verhalten darstellt.
2. § 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV entbindet den Unternehmer grundsätzlich nicht, für Waren, die er seinen Kunden im Rahmen eines Lieferservice anbietet und die an sich unter die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV fallen, den Grundpreis anzugeben. Allein der Umstand, dass der Unternehmer anbietet, diese Waren (in Fertigpackungen) dem Kunden nach Hause zu liefern, führt nicht dazu, dass das Angebot im Sinne von § 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV "im Rahmen einer Dienstleistung" erfolgt. Die Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 4 Nr. 4 PAngV ist unter anderem auf Gaststätten zugeschnitten, deren Angebot sich nicht nur darauf bezieht, dass Speisen zubereitet und dargereicht werden und dem Gast Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden, in denen er die zubereiteten Speisen verzehren kann, sondern auch darauf, das beispielsweise Getränke in der Flasche, also in Fertigpackungen, oder offen, also als nach Volumen bemessene Verkaufseinheit ohne Umhüllung, angeboten werden. Hier tritt die Lieferung der Getränke gegenüber den Dienstleistungen klar in den Hintergrund. Werden Lebensmittel (Bier, Wein und Eiscreme) dagegen in Fertigpackungen neben den zubereiteten Speisen (Pizza) nach Hause geliefert, steht die Warenlieferung ähnlich wie beim Straßenverkauf durch eine Gaststätte im Vordergrund mit der Folge, dass die Ausnahmeregelung hierauf keine Anwendung findet.
3. Ein Angebot im Sinne der PAngV liegt immer dann vor, wenn eine Ankündigung so konkret gefasst ist, dass sie nach der Auffassung des Verkehrs den Abschluss eines Geschäfts aus der Sicht des Kunden ohne weiteres zulässt (vgl. BGH, Urteil vom 03.07.2003 - I ZR 211/01, BGHZ 155, 301, 304 - Telefonischer Auskunftsdienst). Der Umstand, dass der Abschluss eines Geschäfts vom gleichzeitigen Zustandekommen eines weiteren Geschäfts zwischen den Parteien abhängig gemacht wird, steht der Annahme eines Angebots nicht entgegen (hier: regelmäßig notwendige gleichzeitige Bestellung von Speisen zum Erreichen eines Mindestbestellwertes).
4. Die dem Verbraucher nach § 2 Abs. 1 Satz 2 PAngV zu gebenden Informationen gelten gemäß § 5a Abs. 4 UWG als wesentlich im Sinne von § 5a Abs. 2 UWG.
5. Ein Lieferdienst, der neben der Lieferung von Speisen, die noch zubereitet werden müssen (hier: Pizza), auch die Lieferung anderer, in Fertigpackungen verpackter Waren (hier: Bier, Wein oder Eiscreme) zu einem bestimmten Preis anbietet, muss in seinen Preislisten und in der Werbung für diese Angebote neben dem Endpreis auch den Grundpreis dieser Waren angeben.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 19.12.2012
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2434
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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