Kurz notiert
Bundesgerichtshof
Werbung mit der Bezeichnung "zertifizierter Testamentsvollstrecker" durch einen Rechtsanwalt nicht grundsätzlich irreführend.
BGH, Urteil vom 09.06.2011 - I ZR 113/10; Vorinstanzen: LG Regensburg, Urteil vom 28.01.2010 - 1 HK O 2329/09; OLG Nürnberg, Urteil vom 28.05.2010 - 3 U 318/10
MIR 2011, Dok. 060, Rz. 1
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Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 09.06.2011 (I ZR 113/10) entschieden, dass die Verwendung der Bezeichnung "zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)" durch einen Rechtsanwalt nicht grundsätzlich gegen das anwaltliche Berufsrecht und gegen das (wettbewerbsrechtliche) Irreführungsverbot verstößt, wenn der Betreffende sowohl in theoretischer als auch in praktischer Hinsicht bestimmte Anforderungen erfüllt. Eine lediglich zweimalige Tätigkeit als Testamentsvollstrecker reiche hierfür allerdings noch nicht aus.
Zur Sache
Der Rechtsanwalt aus Regensburg bezeichnete sich im Briefkopf seiner Kanzlei als "Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)". Er verfügt über ein Zertifikat der Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge e.V. (AGT), die auf Antrag eine Bescheinigung als "Zertifizierter Testamentsvollstrecker" ausstellt, wenn der Antragsteller an bestimmten Leistungskontrollen teilgenommen hat. Rechtsanwälte benötigen zum Nachweis der praktischen Fertigkeiten lediglich eine zweijährige Tätigkeit als Rechtsanwalt.
Die Klägerin - die Rechtsanwaltskammer Nürnberg - beanstandete die Bezeichnung "Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)" als irreführend und berufsrechtswidrig, weil der Beklagte keine hinreichenden praktischen Fähigkeiten auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung aufweise. Zudem werde der unzutreffende Eindruck vermittelt, dass es den Beruf des Testamentsvollstreckers gebe.
Nachdem das Landgericht Regensburg die Klage abgewiesen hatte, gab das Oberlandesgericht Nürnberg der Berufung der Klägerin statt. Die Werbung mit der Bezeichnung "Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)", sei unsachlich und irreführend, weil dadurch bei den angesprochenen Verbrauchern die Erwartung geweckt werde, der so werbende sei regelmäßig als Testamentsvollstrecker tätig. Diese Voraussetzung erfülle der Beklagte aber nicht. Bislang sei er - nach seinem eigenen Vortrag - erst in zwei Fällen als Testamentsvollstrecker tätig geworden, so das Oberlandesgericht.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des Beklagten zurückgewiesen.
Keine grundsätzlichen Bedenken gegen den Hinweis auf eine Zertifizierung als Testamentvollstrecker
Gegen einen Hinweis auf die Zertifizierung im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Testamentsvollstrecker bestünden weder aus berufs- noch aus wettbewerbsrechtlicher Sicht grundsätzliche Bedenken. Der Hinweis enthalte auch eine Information, die für das rechtssuchende Publikum durchaus von Bedeutung sein könne. Bei den Werbeadressaten werde auch nicht der unzutreffende Eindruck hervorgerufen, das Zertifikat sei von einer amtlichen Stelle ausgestellt worden. Die Verwendung der Bezeichnung "Testamentsvollstrecker" an sich sei auch nicht irreführend oder unsachlich. Der Verkehr erkenne, dass es sich hierbei nicht um eine besondere Berufsbezeichnung, sondern um eine Tätigkeitsbeschreibung handele.
Aber: Verkehrserwartung an "zertifizierten Testamentsvollstrecker" muss erfüllt werden
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs erwarten die angesprochenen Verbraucher von einem "zertifizierten Testamentsvollstrecker" allerdings, dass er über besondere theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung verfügt. Dies setze auch bei Rechtsanwälten eine wiederholte Tätigkeit als Testamentsvollstrecker voraus. Es sei daher irreführend, wenn Rechtsanwälte ohne praktische Erfahrung als Testamentsvollstrecker die Bezeichnung "zertifizierter Testamentsvollstrecker" verwenden. Eine zweimalige Tätigkeit als Testamentsvollstrecker reiche insoweit nicht aus, um den Erwartungen zu entsprechen, die der Verkehr an einen "zertifizierten Testamentsvollstrecker" stellt.
(tg) - Quelle: PM Nr. 102/2011 des BGH vom 14.06.2011
Zur Sache
Der Rechtsanwalt aus Regensburg bezeichnete sich im Briefkopf seiner Kanzlei als "Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)". Er verfügt über ein Zertifikat der Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge e.V. (AGT), die auf Antrag eine Bescheinigung als "Zertifizierter Testamentsvollstrecker" ausstellt, wenn der Antragsteller an bestimmten Leistungskontrollen teilgenommen hat. Rechtsanwälte benötigen zum Nachweis der praktischen Fertigkeiten lediglich eine zweijährige Tätigkeit als Rechtsanwalt.
Die Klägerin - die Rechtsanwaltskammer Nürnberg - beanstandete die Bezeichnung "Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)" als irreführend und berufsrechtswidrig, weil der Beklagte keine hinreichenden praktischen Fähigkeiten auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung aufweise. Zudem werde der unzutreffende Eindruck vermittelt, dass es den Beruf des Testamentsvollstreckers gebe.
Nachdem das Landgericht Regensburg die Klage abgewiesen hatte, gab das Oberlandesgericht Nürnberg der Berufung der Klägerin statt. Die Werbung mit der Bezeichnung "Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)", sei unsachlich und irreführend, weil dadurch bei den angesprochenen Verbrauchern die Erwartung geweckt werde, der so werbende sei regelmäßig als Testamentsvollstrecker tätig. Diese Voraussetzung erfülle der Beklagte aber nicht. Bislang sei er - nach seinem eigenen Vortrag - erst in zwei Fällen als Testamentsvollstrecker tätig geworden, so das Oberlandesgericht.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des Beklagten zurückgewiesen.
Keine grundsätzlichen Bedenken gegen den Hinweis auf eine Zertifizierung als Testamentvollstrecker
Gegen einen Hinweis auf die Zertifizierung im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Testamentsvollstrecker bestünden weder aus berufs- noch aus wettbewerbsrechtlicher Sicht grundsätzliche Bedenken. Der Hinweis enthalte auch eine Information, die für das rechtssuchende Publikum durchaus von Bedeutung sein könne. Bei den Werbeadressaten werde auch nicht der unzutreffende Eindruck hervorgerufen, das Zertifikat sei von einer amtlichen Stelle ausgestellt worden. Die Verwendung der Bezeichnung "Testamentsvollstrecker" an sich sei auch nicht irreführend oder unsachlich. Der Verkehr erkenne, dass es sich hierbei nicht um eine besondere Berufsbezeichnung, sondern um eine Tätigkeitsbeschreibung handele.
Aber: Verkehrserwartung an "zertifizierten Testamentsvollstrecker" muss erfüllt werden
Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs erwarten die angesprochenen Verbraucher von einem "zertifizierten Testamentsvollstrecker" allerdings, dass er über besondere theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrungen auf dem Gebiet der Testamentsvollstreckung verfügt. Dies setze auch bei Rechtsanwälten eine wiederholte Tätigkeit als Testamentsvollstrecker voraus. Es sei daher irreführend, wenn Rechtsanwälte ohne praktische Erfahrung als Testamentsvollstrecker die Bezeichnung "zertifizierter Testamentsvollstrecker" verwenden. Eine zweimalige Tätigkeit als Testamentsvollstrecker reiche insoweit nicht aus, um den Erwartungen zu entsprechen, die der Verkehr an einen "zertifizierten Testamentsvollstrecker" stellt.
(tg) - Quelle: PM Nr. 102/2011 des BGH vom 14.06.2011
Online seit: 16.06.2011
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