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Kurz notiert



Bundesgerichtshof

Zulässigkeit von Werbeanrufen gegenüber Verbrauchern - Double-Opt-In-Verfahren per E-Mail als Nachweis der vorherigen ausdrücklichen Einwilligung in Telefonwerbung ungeeignet.

BGH, Urteil vom 10.02.2011 - I ZR 164/09 - Telefonaktion II; Vorinstanzen: LG Dresden - Urteil vom 08.09.2009 - 42 HKO 42/08; OLG Dresden - Urteil vom 22.09.2009 - 14 U 721/09

MIR 2011, Dok. 015, Rz. 1


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Nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG liegt in der Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung stets eine unzumutbare Belästigung. Der Werbende muss also im Streitfall nachweisen können, dass der angerufene Verbraucher vor dem Werbeanruf sein ausdrückliches Einverständnis erteilt hat. Diese strengen Anforderungen, die das deutsche Recht an die Zulässigkeit von Werbeanrufen bei Verbrauchern stellt, sind mit Europarecht vereinbar. Für den Nachweis, dass ein Verbraucher seine vorherige, ausdrückliche Einwilligung in Telefonwerbung erteilt, ist ein so genanntes "Double-Opt-In-Verfahren" per E-Mail allerdings ungeeignet. Dies geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 10.02.2011 (I ZR 164/09) hervor.

Zur Sache

Die AOK Plus, die Allgemeine Ortskrankenkasse für Sachsen und Thüringen, hatte sich im Jahr 2003 gegenüber der Verbraucherzentrale Sachsen verpflichtet, es zu unterlassen, Verbraucher ohne deren Einverständnis zu Werbezwecken anzurufen. Ferner hatte sie sich verpflichtet, für jeden Verstoß eine Vertragsstrafe von EUR 5.000,00 zu zahlen. Im September 2008 erhielten zwei Verbraucher Werbeanrufe von einem Call-Center, das von der AOK Plus beauftragt worden war. Dementsprechend hat die Verbraucherzentrale die AOK Plus daraufhin auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von EUR 10.000,00 in Anspruch genommen.

Die beklagte AOK hat behauptet, die Einwilligung der Angerufenen mittels eines so genannten "Double-Opt-In-Verfahren" erhalten zu haben: Die Verbraucher hätten an Online-Gewinnspielen teilgenommen, dort ihre Telefonnummer angegeben und durch Markieren eines Feldes ihr Einverständnis auch mit Telefonwerbung erklärt. Daraufhin sei ihnen eine E-Mail mit dem Hinweis auf die Einschreibung für das Gewinnspiel (so genannte: "Check-Mail") an die angegebene E-Mail-Adresse übersandt worden, die sie durch Anklicken eines darin enthaltenen Links bestätigt hätten.

Landgericht und Oberlandesgericht Dresden haben der Klage der Verbraucherzentrale stattgegeben.

Entscheidung des BGH: Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern generell von deren vorherigen ausdrücklichen Einverständnis abhängig

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Zwar gehe das deutsche Recht damit, dass es unaufgeforderte Werbeanrufe stets als unzumutbare Belästigung und damit als unlauter einstuft (vgl. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG), über die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken der Europäischen Union (Richtlinie 2005/29/EG) hinaus. Aufgrund einer in der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation enthaltenen Öffnungsklausel sei der deutsche Gesetzgeber aber berechtigt, Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern generell von deren vorherigem ausdrücklichen Einverständnis abhängig zu machen (so genanntes "opt in").

Kein Nachweis der ausdrücklichen vorherigen Einwilligung - Speicherung entsprechender E-Mail mit ausdrücklicher Einwilligung zumutbar

Im Streitfall habe die beklagte AOK das Einverständnis der angerufenen Verbraucher nicht nachgewiesen, so der BGH. Für diesen Nachweis komme insbesondere der Ausdruck einer E-Mail des angerufenen Verbrauchers in Betracht, in der er sich ausdrücklich mit der Werbung einverstanden erklärt. Die Speicherung der entsprechenden E-Mail sei dem Werbenden ohne weiteres möglich und zumutbar. Diesen Nachweis habe die beklagte AOK nicht geführt, sondern sich nur allgemein auf die Einhaltung des Double-Opt-In-Verfahrens berufen.

Double-Opt-In-Verfahren als Nachweis der Einwilligung in Telefonwerbung ungeeignet - Ausdrückliches Einverständnis des konkret angerufenen Teilnehmers zwingend

Das hier elektronisch durchgeführte Double-Opt-In-Verfahren sei von vornherein ungeeignet, um ein Einverständnis von Verbrauchern mit Werbeanrufen zu belegen. Zwar kann bei Vorlage der dabei angeforderten elektronischen Bestätigung angenommen werden, dass der - die Einwilligung in Werbeanrufe enthaltende - Teilnahmeantrag für das Online-Gewinnspiel tatsächlich von der angegebenen E-Mail-Adresse stammt. Damit sei aber nicht sichergestellt, dass es sich bei der angegebenen Telefonnummer tatsächlich um den Anschluss des Absenders der Bestätigungs-E-Mail handelt. Es könne zahlreiche Gründe für die versehentliche oder vorsätzliche Eintragung einer falschen Telefonnummer geben. Das Gesetz verlange aber zwingend, dass der konkret angerufene Teilnehmer vor dem Werbeanruf ausdrücklich sein Einverständnis erklärt hat.

(tg) - Quelle PM Nr. 029/2011 des BGH vom 11.02.2011


Online seit: 11.02.2011
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2293
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