Kurz notiert
Bundesgerichtshof
DSL-Verträge - Keine vorzeitige Kündigung aus wichtigem Grund bei Umzug in unversorgtes Gebiet
BGH, Urteil vom 11.11.2010 – III ZR 57/10; Vorinstanzen: AG Montabaur, Urteil vom 02.10.2009 - 15 C 443/08; LG Koblenz, Urteil vom 03.03.2010 – 12 S 216/09
MIR 2010, Dok. 160, Rz. 1
1
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 11.11.2010 (III ZR 57/10) entschieden, dass der Inhaber eines DSL-Anschlusses den Vertrag mit seinem Telekommunikationsunternehmen vor Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit nicht aus wichtigem Grund kündigen kann, wenn er an einen Ort umzieht, an dem noch keine DSL-fähigen Leitungen verlegt sind und DSL damit gar nicht verfügbar ist.
Zur Sache
Im Streitfall hatte der Kläger mit dem beklagten Unternehmen im Mai 2007 einen Vertrag über die Bereitstellung eines DSL-Anschlusses mit einer Laufzeit von zwei Jahren geschlossen, mit dem er an seinem seinerzeitigen Wohnsitz Zugang zum Internet einschließlich Internettelefonie erhielt. Im November 2007 zog der Kläger in eine andere Gemeinde im selben Landkreis. Dort lagen allerdings keine DSL-fähigen Leitungen, so dass die Beklagte dem Kläger am neuen Wohnort keinen DSL-Anschluss mehr zur Verfügung stellen konnte. Hierauf erklärte der Kläger die "Sonderkündigung" des Vertrags.
Die Beklagte bestand allerdings weiterhin auf die vereinbarte monatliche Grundgebühr. Mit seiner daraufhin eingelegten Klage verlangte der Kläger die Feststellung, dass der geschlossene Vertrag durch die Kündigung wirksam beendet wurde.
Vor dem AG Montabaur und auch dem LG Koblenz als Berufungsinstanz blieb die Klage ohne Erfolg.
Entscheidung des BGH: Kein wichtiger Grund zur Kündigung
Der Bundesgerichtshof bestätigte das Berufungsurteil. Der Kläger habe keinen wichtigen Grund zur Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 oder § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB gehabt. Ein wichtiger Grund bestehe grundsätzlich nicht, wenn er aus Vorgängen hergeleitet wird, die dem Einfluss des anderen Vertragspartners (hier: des DSL-Anbieters) entzogen sind und der Interessensphäre des Kündigenden entstammen.
Risiko beim Kunden: Umzug in unversorgtes kein wichtiger Grund
Der Kunde, der einen längerfristigen Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung abschließt, trage grundsätzlich das Risiko, diese aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können. Dementsprechend stelle ein Umzug, etwa aus beruflichen oder familiären Gründen, prinzipiell keinen wichtigen Grund für eine Kündigung dar.
Alternative Gestaltungsmöglichkeiten & Interessenlage
Im Streitfall trete noch hinzu, dass die vergleichsweise lange Laufzeit des DSL-Anschlussvertrags die wirtschaftliche "Gegenleistung" des Klägers für einen niedrigen monatlichen Grundpreis darstelle. Ein Vertragsschluss mit kürzerer Laufzeit oder monatlicher Kündbarkeit zu höheren Kosten wäre ebenfalls möglich gewesen. Zudem amortisierten sich die Investitionen des Unternehmens für die Zurverfügungsstellung - insbesondere der notwendigen technische Ausrüstung (z.B.: Router, WLAN-Stick) - erst innerhalb des zweiten Vertragsjahrs.
(tg) - Quelle: PM Nr. 215/2010 des BGH vom 11.11.2010
Zur Sache
Im Streitfall hatte der Kläger mit dem beklagten Unternehmen im Mai 2007 einen Vertrag über die Bereitstellung eines DSL-Anschlusses mit einer Laufzeit von zwei Jahren geschlossen, mit dem er an seinem seinerzeitigen Wohnsitz Zugang zum Internet einschließlich Internettelefonie erhielt. Im November 2007 zog der Kläger in eine andere Gemeinde im selben Landkreis. Dort lagen allerdings keine DSL-fähigen Leitungen, so dass die Beklagte dem Kläger am neuen Wohnort keinen DSL-Anschluss mehr zur Verfügung stellen konnte. Hierauf erklärte der Kläger die "Sonderkündigung" des Vertrags.
Die Beklagte bestand allerdings weiterhin auf die vereinbarte monatliche Grundgebühr. Mit seiner daraufhin eingelegten Klage verlangte der Kläger die Feststellung, dass der geschlossene Vertrag durch die Kündigung wirksam beendet wurde.
Vor dem AG Montabaur und auch dem LG Koblenz als Berufungsinstanz blieb die Klage ohne Erfolg.
Entscheidung des BGH: Kein wichtiger Grund zur Kündigung
Der Bundesgerichtshof bestätigte das Berufungsurteil. Der Kläger habe keinen wichtigen Grund zur Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 oder § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB gehabt. Ein wichtiger Grund bestehe grundsätzlich nicht, wenn er aus Vorgängen hergeleitet wird, die dem Einfluss des anderen Vertragspartners (hier: des DSL-Anbieters) entzogen sind und der Interessensphäre des Kündigenden entstammen.
Risiko beim Kunden: Umzug in unversorgtes kein wichtiger Grund
Der Kunde, der einen längerfristigen Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung abschließt, trage grundsätzlich das Risiko, diese aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können. Dementsprechend stelle ein Umzug, etwa aus beruflichen oder familiären Gründen, prinzipiell keinen wichtigen Grund für eine Kündigung dar.
Alternative Gestaltungsmöglichkeiten & Interessenlage
Im Streitfall trete noch hinzu, dass die vergleichsweise lange Laufzeit des DSL-Anschlussvertrags die wirtschaftliche "Gegenleistung" des Klägers für einen niedrigen monatlichen Grundpreis darstelle. Ein Vertragsschluss mit kürzerer Laufzeit oder monatlicher Kündbarkeit zu höheren Kosten wäre ebenfalls möglich gewesen. Zudem amortisierten sich die Investitionen des Unternehmens für die Zurverfügungsstellung - insbesondere der notwendigen technische Ausrüstung (z.B.: Router, WLAN-Stick) - erst innerhalb des zweiten Vertragsjahrs.
(tg) - Quelle: PM Nr. 215/2010 des BGH vom 11.11.2010
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 11.11.2010
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2260
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Online seit: 11.11.2010
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2260
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Was Sie noch interessieren könnte...
Rundfunkübertragung in Ferienwohnungen - Zum Eingriff in das ausschließliche Recht zur öffentlichen Wiedergabe von Urhebern, Sendeunternehmen und Filmherstellern durch den Betreiber von Ferienwohnungen
BGH, Urteil vom 18.06.2020 - I ZR 171/19, MIR 2020, Dok. 076
Nachträgliche Individualisierung des Anspruchs im Mahnverfahren - Die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren hemmt die Verjährung nur, wenn der Schuldner erkennen kann, woraus der Gläubiger seinen Anspruch herleitet
BGH, Urteil vom 14.07.2022 - VII ZR 255/21, MIR 2022, Dok. 059
Anwaltsabmahnung II - Ein Fachverband, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen gehört, muss typische und durchschnittlich schwierige Abmahnungen selbst aussprechen können
BGH, Urteil vom 06.04.2017 - I ZR 33/16, MIR 2017, Dok. 029
Filesharing - Sekundäre Darlegungslast kann die namentliche Benennung des Familienmitglieds umfassen, das die Rechtsverletzung begangen hat
Bundesgerichtshof, MIR 2017, Dok. 015
Influencer I - Zu den Voraussetzungen und der Annahme einer Kennzeichnungspflicht bei Instagram Posts von Influencern
BGH, Urteil vom 09.09.2021 - I ZR 90/20, MIR 2021, Dok. 072
BGH, Urteil vom 18.06.2020 - I ZR 171/19, MIR 2020, Dok. 076
Nachträgliche Individualisierung des Anspruchs im Mahnverfahren - Die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren hemmt die Verjährung nur, wenn der Schuldner erkennen kann, woraus der Gläubiger seinen Anspruch herleitet
BGH, Urteil vom 14.07.2022 - VII ZR 255/21, MIR 2022, Dok. 059
Anwaltsabmahnung II - Ein Fachverband, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen gehört, muss typische und durchschnittlich schwierige Abmahnungen selbst aussprechen können
BGH, Urteil vom 06.04.2017 - I ZR 33/16, MIR 2017, Dok. 029
Filesharing - Sekundäre Darlegungslast kann die namentliche Benennung des Familienmitglieds umfassen, das die Rechtsverletzung begangen hat
Bundesgerichtshof, MIR 2017, Dok. 015
Influencer I - Zu den Voraussetzungen und der Annahme einer Kennzeichnungspflicht bei Instagram Posts von Influencern
BGH, Urteil vom 09.09.2021 - I ZR 90/20, MIR 2021, Dok. 072