Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 10.12.2009 - I ZR 46/07
Fischdosendeckel - Für die Klage von an einem Patenterteilungsverfahren nicht beteiligten Dritten auf Unterlassung oder Beseitigung von als herabsetzend beanstandeten Äußerungen in der Beschreibung eines Patents besteht regelmäßig kein Rechtsschutzbedürfnis.
UWG §§ 3, 4 Nr. 8, § 8 Abs. 1 Satz 1; BGB § 823 ff.
Leitsätze:*1. In Anbetracht der Regelungen im Patentgesetz über das Verfahren der Patenterteilung und die Rechtsbehelfe, die Dritte gegen ein erteiltes Patent
ergreifen können, besteht für eine auf einen Wettbewerbsverstoß oder eine unerlaubte Handlung nach §§ 823 ff. BGB gestützte Klage auf Unterlassung
oder Beseitigung von als herabsetzend beanstandeten Äußerungen in der Beschreibung eines Patents kein Rechtsschutzbedürfnis.
2. Einer Klage auf Unterlassung oder Beseitigung von Äußerungen, die der Rechtsverfolgung in einem gerichtlichen oder behördlichen Verfahren dienen, fehlt
- regelmäßig - das Rechtsschutzbedürfnis (dazu: BGH, Urteil vom 22.01.1998 - Az. I ZR 177/95 - Bilanzanalyse Pro 7). Dies gilt grundsätzlich auch bei Äußerungen
in einem rechtsstaatlich geregelten Verfahren, durch das die Rechte von am Verfahren nicht beteiligten Dritten betroffen werden, wenn die Äußerungen in einem
engen Bezug zum Verfahren stehen (vgl. BGH, Urteil vom 14.11.1972 - Az. VI ZR 102/71 - halbseiden; BGH, Urteil vom 11.12.2007 - VI ZR 14/07). Kann sich der
Dritte in dem betreffenden Verfahren nicht gegen die Äußerungen zur Wehr setzen, ist allerdings bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen sorgfältig zu
prüfen, ob der Dritte die Äußerungen hinnehmen muss (BGH, Urteil vom 11.12.2007 - Az. VI ZR 14/ 07). Dabei ist zu berücksichtigten, dass die ungehinderte
Durchführung staatlich geregelter Verfahren im Interesse der Beteiligten und auch im öffentlichen Interesse nicht mehr als unbedingt notwendig behindert
werden darf. Gleichwohl wird hierdurch die Durchsetzung individueller Ansprüche Dritter auf Schutz ihrer betroffenen Rechte nicht generell ausgeschlossen.
3. Die Klage gegen den Patentinhaber mit dem Ziel der Änderung von Angaben in der Patentanmeldung und später in der Patenschrift in einem nicht im Patentgesetz
vorgesehenen Verfahren ist jedenfalls dann unzulässig, wenn die betreffenden Angaben einen hinreichenden Bezug zu der angemeldeten Erfindung haben. Die gesonderte
Klage eines Dritten gegen ihn betreffende Angaben kann indes ausnahmsweise zulässig sein, wenn ein sachlicher Zusammenhang der Angaben mit der Erfindung nicht
erkennbar ist, diese auf der Hand liegend falsch sind oder sich als unzulässige Schmähung darstellen, bei der nicht die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die
Diffamierung des Dritten im Vordergrund steht (vgl. BGH, Urteil vom 11.12.2007 - Az. VI ZR 14/ 07; BVerfG, Beschluss vom 25.09.2006 - Az. 1 BvR 1898/03;
BGH, Urteil vom 22.01.1998 - Az. I ZR 177/95 - Bilanzanalyse Pro 7).
4. Die einen Dritten betreffenden Angaben oder Äußerungen in einer Patentanmeldung begründen ohne Weiteres weder unter dem Aspekt der Wiederholungsgefahr
(§ 8 Abs. 1 Satz 1 UWG) noch der Erstbegehungsgefahr (§ 8 Abs. 1 Satz 2 UWG) die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Begehungsgefahr hinsichtlich der
Verbreitung solcher Angaben im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs außerhalb des Patenterteilungsverfahrens. Im Hinblick auf eine Wiederholungsgefahr
unterscheiden sich im Rahmen einer Patentanmeldung getätigte Äußerungen schon deshalb von Behauptungen im (sonstigen) geschäftlichen Verkehr und können mit diesen nicht
"kerngleich" sein, weil sie besonderen rechtlichen Regelungen des Patenterteilungsverfahrens unterstellt sind. Da die Patentanmeldung mit den Angaben im Patenterteilungsverfahren
einen besonderen Zweck verfolgt, kann eine Erstbegehungsgefahr jedenfalls nicht ohne entsprechende - zusätzliche - Anhaltspunkte angenommen werden.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 03.02.2010
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2121
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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