Rechtsprechung
LG Kiel, Beschluss vom 02.09.2009 - 2 O 221/09
Kein urheberrechtlicher "Rasterfahndungsanspruch" - § 101 UrhG erlaubt keine "Rasterfahndung", wer aus der Menge der Anschlussinhaber Urheberrechte in gewerblichem Ausmaß verletzt haben könnte. Das einmalige Herunter- und Hochladen von Dateien begründet für sich allein nie ein "gewerbliches Ausmaß".
UrhG § 101 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 9
Leitsätze:*1. Der Auskunftsanspruch nach § 101 Abs. 1, Abs. 2 UrhG erfordert die Glaubhaftmachung, die jeweiligen Anschlussinhaber "in gewerblichem Ausmaß"
tätig geworden sind (§ 101 Abs. 1 UrhG). § 101 UrhG erlaubt insoweit keine grundrechtsverletzende "Rasterfahndung", wer aus der Menge der Anschlussinhaber
möglicherweise Urheberrechte in gewerblichem Ausmaß verletzt haben könnte.
2. Der Drittauskunftsanspruch nach § 101 Abs. 2 UrhG setzt neben der Erbringung der Dienstleistung in "gewerblichem Ausmaß" durch den Dritten voraus,
dass die Urheberrechtsverletzung nach § 101 Abs. 1 UrhG selbst "in gewerblichem Ausmaß" begangen worden ist. Das "gewerbliche Ausmaß" kann sich
hierbei sowohl aus der Anzahl der Rechtsverletzungen als auch aus deren Schwere ergeben.
3. Das einmalige Herunter- und Hochladen von Dateien kann für sich allein unter dem Gesichtspunkt der Anzahl der Rechtsverletzungen
auch dann nie ein "gewerbliches Ausmaß" begründen, wenn dies in einer Internettauschbörse geschieht.
4. Zur Annahme eines gewerblichen Ausmaßes aufgrund der Schwere der Rechtsverletzung bedarf es des Vorliegens einer Rechtsverletzung von erheblicher
Qualität. Bei illegalen Kopien und Verbreitungen im Internet über Tauschbörsen muss ein Umfang erreicht werden, der über das hinausgeht, was einer
Nutzung zum privaten oder sonstigen eigenen Gebrauch entspricht (vgl.
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27.10.2008 - Az. 3 W 184/08, MIR 2008, Dok. 328,
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 02.02.2009 - Az. 3 W 195/08). Der einmalige Download eines Musikalbums ist nicht als "schwere Rechtsverletzung" im Sinne
von § 101 Abs. 1 UrhG anzusehen.
5. Wer ein gesamtes Musikalbum in der "relevanten Verkaufsphase" der Öffentlichkeit zum Erwerb anbietet, tritt nicht grundsätzlich wie
ein gewerblicher Anbieter auf, mit der Folge, dass seine Tätigkeit ein "gewerbliches Ausmaß" im Sinne von § 101 Abs. 1 UhrG hat
(entgegen OLG Köln, Beschluss vom 21.10.2008 - Az. 6 Wx 2/08 = MIR 2008, Dok. 323).
Das ein Anschlussinhaber als gewerblicher Anbieter zu behandeln ist,
ergibt sich auch nicht aus den Folgen des Herunterladens eines Musiktitels (entgegen OLG Schleswig, Beschluss vom 13.08.2009 - Az. 6 W 15/09).
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 31.10.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2065
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
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