Rechtsprechung
BGH, Urteil vom 16.07.2009 - I ZR 56/07
Betriebsbeobachtung - Das Ausspähen von Geschäftsgeheimnissen eines Mitbewerbers kann eine nach § 4 Nr. 10 UWG unlautere Behinderung dieses Mitbewerbers darstellen. Zur gezielten Behinderung eines Mitbewerbers durch Herbeiführen von Betriebsstörungen.
UWG § 4 Nr. 10
Leitsätze:*1. Das Ausspähen von Geschäftsgeheimnissen eines Mitbewerbers kann eine nach § 4 Nr. 10 UWG unlautere Behinderung dieses Mitbewerbers darstellen.
2. Daten von Kunden, zu denen bereits eine Geschäftsbeziehung besteht und die daher auch in Zukunft als Abnehmer angebotener Produkte in Frage kommen,
zählen zu den Geschäftsgeheimnissen im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG, soweit diese Kundendaten nicht offenkundig sind, also nicht jederzeit ohne
großen Aufwand aus allgemein zugänglichen Quellen geschöpft werden können (BGH, Urteil vom 27.04.2006 - Az. I ZR 126/03, K&R 2006, 2535 - Kundendatenprogramm).
3. In dem Herbeiführen von Betriebsstörungen kann eine gezielte Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG liegen.
Insofern kann eine gezielte Behinderung anzunehmen sein, wenn das Anfertigen von Fotografien in den Geschäftsräumen eines Mitbewerbers zum Beweis von Wettbewerbsverstößen
nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Gefahr einer erheblichen Betriebsstörung befürchten lässt (BGH, Urteil vom 25.01.2007 - Az. I ZR 133/04 - Testfotos III)
oder die gezielte, umfassende und systematische Überwachung eines Mitbewerbers - insbesondere durch Testkäufe - zu einer Betriebsstörung führt (mit Verweis auf die Literatur).
4. Eine gezielte Behinderung ist nicht ohne weiteres anzunehmen, wenn das Betriebsgelände eines Mitbewerbers an vier Tagen von einer
öffentlichen Straße aus beobachtet wird und über das dortige Geschehen Notizen gefertigt werden.
Bearbeiter: RA Thomas Gramespacher
Online seit: 23.09.2009
Kurz-Link zum Artikel: http://miur.de/2031
*Redaktionell. Amtliche Leit- und Orientierungssätze werden in einer "Anm. der Redaktion" benannt.
// Artikel gesammelt "frei Haus"? Hier den MIR-Newsletter abonnieren
Landgericht Frankfurt a.M., MIR 2023, Dok. 071
Kunstmaschinen - Die automatisierte Einstellung eines Amazon-Angebots unter einer bestehenden ASIN kann sich als Verletzung eines unbenannten Rechts zur öffentlichen Wiedergabe (§ 15 Abs. 2 UrhG) hinsichtlich der angezeigten Lichtbilder darstellen
OLG Köln, Urteil vom 24.02.2023 - 6 U 137/22, MIR 2023, Dok. 021
Industrienähmaschinen - Zum wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutz und zur gezielten Behinderung durch den Nachbau und die Nachahmung eines Produkts
BGH, Urteil vom 20.09.2018 - I ZR 71/17, MIR 2018, Dok. 055
Unzulässiges Erfolgsversprechen für "perfekte Zähne" - Zur wettbewerbsrechtlichen Beurteilung der Werbeaussagen für ein kieferorthopädisches Zahnschienen-System
OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 27.02.2020 - 6 U 219/19, MIR 2020, Dok. 040
Fragen zu den Anforderungen an die Sichtbarkeit gesundheitsbezogener Warnhinweise beim Verkauf von Zigaretten dem EuGH vorgelegt
Bundesgerichtshof, MIR 2020, Dok. 054